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Berlin: Berliner fühlen sich nachts wieder sicherer auf den Straßen

Die Angst, Opfer von Verbrechen zu werden, hat abgenommen

Die Berliner bewegen sich in ihrer Heimatstadt mit so wenig Angst wie seit Jahren nicht. Bei einer bundesweiten Studie sagten jetzt 78,5 Prozent der befragten Hauptstädter, dass sie sich nachts auf der Straße „sehr sicher“ oder „überwiegend sicher“ wähnen. Vor vier Jahren gaben nur 70 Prozent der Interviewten an, auch noch am späten Abend derart sorglos durch die heimische Wohngegend spazieren zu können. Im Vergleich zu den übrigen Deutschen sitzt die Angst den Berlinern aber dennoch stärker im Nacken: Im Durchschnitt fühlen sich sogar 84,3 Prozent der Bundesbürger „sehr sicher“ beziehungsweise „überwiegend sicher“.

Für die repräsentative Untersuchung im Auftrag der „Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes (ProPK)“ wurden deutschlandweit 2009 Menschen befragt (wir berichteten). 82 Interview-Partner kommen aus Berlin. „Sie wurden nach statistischen Kriterien per Zufallsstichprobe gezogen“, berichtet Reinhold Hepp, Geschäftsführer der polizeilichen Präventionsstelle „ProPK“ in Stuttgart.

Die Berliner mussten sich einige Zeit nehmen: Der Fragebogen, den ihnen Mitarbeiter des Hamburger Meinungsforschungsinstituts BIK vorlegten, umfasste 15 Seiten. „Wie sicher fühlen Sie sich, wenn Sie nachts beziehungsweise in den späten Abendstunden in Ihrer Wohngegend unterwegs sind?“, lautet eine der Fragen. 26,2 Prozent der Berliner meinten „sehr sicher“ (Bundesdurchschnitt: 24,8 Prozent). 52,3 Prozent der Hauptstädter sagten immerhin noch „überwiegend sicher (59,5). „Eher unsicher“ fühlen sich 16,3 Prozent der Berliner (12,2), und „ziemlich unsicher“ 5,2 Prozent – bundesweit sind es nur 3,5 Prozent.

„Die Berliner sind also immer noch die Angsthasen der Nation“ – so sieht es Winfried Roll, Leiter des Referats Vorbeugung im Landeskriminalamt. Experten wie er wissen nämlich, dass diejenigen am meisten Angst davor haben, Opfer von Gewalttätern, Dieben oder Einbrechern zu werden, die tatsächlich am wenigsten betroffen sind. Beispiel Straßenraub – davor fürchten sich vor allem ältere, hilflose Menschen und Frauen unabhängig vom Alter. „Dabei sind drei Viertel der Opfer und auch der Täter unter 21 Jahre alt“, sagt Roll. Demnach ist das Risiko für Jugendliche 25 Mal so groß wie für Menschen über 60.

Die aktuelle Studie unterscheidet bei den Berliner Daten nicht mehr nach Ost- und West-Bezirken. Bei früheren Untersuchungen etwa von Emnid aus dem Jahr 1998 war dies noch der Fall. Damals zeigte sich, dass sich Berliner etwa aus Mitte oder Hohenschönhausen grundsätzlich unsicherer fühlen als Schöneberger oder Kreuzberger.

Aber wie kommt es nun, dass sich das subjektive Empfinden gebessert hat? Präventions-Experte Winfried Roll erklärt dies mit einem Blick auf die Polizeistatistik: Die Zahl jener Straftaten, die den Menschen Angst machen, sind zuletzt stark zurückgegangen. Zum Beispiel Wohnungseinbrüche: „Da sind wir jetzt in Berlin auf das Level von 1970 gesunken.“ Viele Leute haben Angst davor, dass ihnen das Auto gestohlen wird – auch hier sind die Fallzahlen rückläufig. Vor zehn Jahren registrierte die Berliner Polizei noch 843 Autodiebstähle auf umgerechnet jeweils 100 000 Einwohner – zuletzt waren es noch 250. Roll: „Das ist das Niveau von vor 25 Jahren.“ Auch Einbrüche ins Auto „passieren so selten wie nie zuvor“. Der gleiche rückläufige Trend ist bei Handtaschendiebstählen zu verzeichnen. Sorgen bereiten den Experten indes Fernsehsendungen, die ein unrealistisches Bild von angeblich äußerst gewaltbereiten Einbrechern zeichnen und so unnötige Ängste schüren.

Interessant ist noch ein anderes Ergebnis der Studie: So verhältnismäßig unsicher die Berliner sich in der eigenen Stadt fühlen, so harmlos stufen sie den Rest der Republik ein. 57,8 Prozent der Berliner halten Deutschland für einen sicheren Staat – im Bundesschnitt sind es 52,8 Prozent.

Annette Kögel

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