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Birgit und Horst Lohmeyer bei der Preisverleihung im Ballhaus Wedding in Berlin.

© Konstantin Börner

Humanismus-Preis für Menschenrechte: Engagierte für Musikfestival gegen Rechts geehrt

Mit dem Festival „Jamel rockt den Förster“ wollen Birgit und Horst Lohmeyer lautstark gegen rechte Hetze protestieren. Jetzt wurde ihnen im Ballhaus Wedding dafür ein Preis verliehen.

Der Humanistische Verband Deutschlands, Landesverband Berlin-Brandenburg, hat das Ehepaar Birgit und Horst Lohmeyer aus Mecklenburg-Vorpommern mit dem Humanismus-Preis geehrt. Der mit 10.000 Euro dotierte Humanismus-Preis für Menschenrechte würdigt das herausragende Engagement des Ehepaares für Demokratie sowie ihre fortwährende Zivilcourage gegen Rassismus, Populismus und extremistische Ideologien.

Ihr 2007 gegründetes Festival „Jamel rockt den Förster“ setzt sich in Mecklenburg-Vorpommern für Demokratie und Toleranz ein und trägt beispielhaft dazu bei, demokratische Strukturen in der Region zu erhalten. Das Festival „Jamel rockt den Förster“ ist bundesweit zu einem Symbol des Widerstands gegen Hass und Intoleranz geworden. „Jamel rockt den Förster ist für uns eine humane Antwort auf inhumane, terroristische Verfassungsfeinde“, sagten die Preisträger.

Es ging uns darum, einen Hilfeschrei in die Welt zu setzen.

Horst Lohmeyer zum ersten Musikfestival gegen Rechts

Horst und Birgit Lohmeyer – sie Krimi-Autorin, er Musiker – zogen 2004 aus Hamburg in den am Waldrand gelegenen Forsthof. Sie mussten erleben, wie danach mehrere Familien aus der rechtsradikalen Szene in das in der Nähe von Wismar gelegene Dorf zogen. In der Folge wurden Dorfbewohner:innen eingeschüchtert und Andersdenke drangsaliert.

Um Öffentlichkeit dafür zu schaffen, veranstalteten die Lohmeyers 2007 ihr erstes Musikfestival. „Es ging uns darum“, so erzählte Horst Lohmeyer, „einen Hilfeschrei in die Welt zu setzen, schaut mal, was hier gerade passiert!“ Ihr Ziel war, sich nicht vertreiben zu lassen und lautstark gegen rechte Hetze und Propaganda protestieren. Der Preis war, dass auch sie eingeschüchtert und bedroht wurden oder von Unbekannten ihre Scheune in Brand gesteckt wurde.

Alle Bands spielten kostenlos vor 3000 Zuschauer:innen

Im Sommer 2023 kamen am Freitag und Samstag je rund 3000 Zuschauer:innen nach Jamel – mehr als doppelt so viele wie im Vorjahr, freute sich das Ehepaar Lohmeyer. Auf der Bühne standen die Bands Madsen, Danger Dan, Turbostaat, Juli, Bosse, Blumfeld und Fury in the Slaughterhouse – und alle spielten kostenlos. Danger Dan war bereits zum dritten Mal in Jamel dabei; auch die Toten Hosen, Herbert Grönemeyer oder der Pianist Igor Levit traten in der Vergangenheit schon auf.

Sie sind Vorbilder und Wegbereiter für eine Gesellschaft, die sich gegen jede Form von Extremismus zur Wehr setzen muss.

Begründung der Humanismus-Preis-Jury zum Ehepaar Lohmeyer

Die Jury des Humanismus-Preises würdigte „den Mut und die Entschlossenheit des Ehepaars Lohmeyer als herausragende Verteidiger:innen der Demokratie. Sie sind Vorbilder und Wegbereiter für eine Gesellschaft, die sich gegen jede Form von Extremismus zur Wehr setzen muss. Ihr Engagement ist zugleich ein Aufruf zum Handeln und ein lebendiges Zeugnis dafür, dass der Einsatz für die Demokratie auch unter schwierigen Bedingungen möglich ist.“

„Es gehört viel Mut dazu, das nicht nur auszuhalten, sondern sich dafür zu entscheiden, etwas zu tun“, sagte Julian Barlen, Generalsekretär der SPD in Mecklenburg-Vorpommern: „Auch wenn die Scheune angezündet wird, wenn bei Gästen die Reifen durchgestochen werden und Einschüchterungen alltäglich sind.“ Ihr Musikfestival „Jamel rockt den Förster“ sei mittlerweile in ganz Deutschland bekannt und setzte ein Zeichen gegen Rechts. „Der Forstrock ist ein Sieg des Mutes über die Angst, ein Sieg der Gemeinschaft über die Angst des Einzelnen.“

Preisträgerin Birgit Lohmeyer berichtete in ihrer Dankesrede, sie seien an ihrem Wohnort mit einer Übermacht von Menschen konfrontiert, die gesellschaftliche Vielfalt als Bedrohung dämonisierten und die Demokratie als abschaffungswürdige Staatsform betrachteten. Sie seien in den letzten beiden Jahrzehnten Opfer einer Vielzahl von Straftaten geworden. „Und das nur, weil wir lautstark für die demokratische Gesellschaft eintreten.“

Unterstützung vor Ort erhielten sie kaum. „Es ist eine antrainierte Taubheit der Menschen in unserer Region, die uns allein bleiben lässt. Wir sind erschüttert über die omnipräsente Ignoranz einer Gefahr von rechts. Und zwar nicht nur bei einfachen Bürgern und Bürgerinnen, sondern auch von manchen Vertretern und Vertreterinnen der Behörden, der Kommunalverwaltung und der Landespolitik.“ Birgit Lohmeyer betonte zudem: „Wir sehen es als unsere ethische humanistische Aufgabe, eine weitere Diktatur auf deutschen Boden zu verhindern“.

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