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Berlin: Die Schnäppchen-Partei (Glosse)

Wenn es im Berlin der Gegenwart ein zentrales, den Alltag dominierendes Gebot geben sollte, so könnte es schlicht lauten: Du sollst nicht den vollen Preis bezahlen. Wir sind eine Metropole der Schnäppchenjäger geworden, deren Lebensziel der Rabatt ist, und zwar um jeden Preis.

Wenn es im Berlin der Gegenwart ein zentrales, den Alltag dominierendes Gebot geben sollte, so könnte es schlicht lauten: Du sollst nicht den vollen Preis bezahlen. Wir sind eine Metropole der Schnäppchenjäger geworden, deren Lebensziel der Rabatt ist, und zwar um jeden Preis. Gibt es was billiger, reisen wir quer durch die Stadt, auch wenn das teurer als die Ersparnis sein sollte, einfach aus Prinzip. Insofern war es keine Überraschung, dass die ersten Autofahrer schon nachts um drei vor der Tankstelle Platz nahmen, dort, wo die FDP um halb elf eine Stunde lang die gesamte auf dem Benzin lastende Steuer zurück erstatten würde - ein ziemlich mieser Stundenlohn. Doch die FDP hat damit auf jeden Fall gewonnen, politisch. Denn die kleine, aufrechte Partei, in deren Regierungszeit die Mineralölsteuer ungefähr um eine Mark pro Liter gestiegen ist, hat so wirksam Abbitte geleistet für eigene Missetaten und gezeigt, dass das mit den Besserverdienern der Schnee von gestern ist. Herr Westerwelle! Weitere missliebige Steuern drängen auf Erstattung: die Sektsteuer, die Tabaksteuer. Und ist es nicht die blöde Lohnsteuer, die uns jedes Monatsende verdirbt? Für Erstattung würden wir immer eine Nacht durchmachen. Und die Wahl der FDP bei nächster Gelegenheit glatt in Erwägung ziehen.

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