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Berlin: Ein riesiges Gefühl

Ich steh auf Berlin: Am Hauptbahnhof wird ein begehbares Luftbild aus mehr als tausend Einzelteilen montiert

Berlin kann auf vielerlei Weise von oben betrachtet werden – aus der Kugel des Fernsehturms, von der Kuppel des Reichstages, unterm Rock der Goldelse hervor oder von den Zinnen des Kollhoffschen Backsteinhauses am Potsdamer Platz herab. Nun kommt bald eine neue Variante der Vogelperspektive dazu – das „Big Image Berlin“. Um der Stadt auf den Hut und in die Schornsteine zu schauen, muss man hier aber nicht auf Türme oder Kuppeln steigen. Es genügt ein Trip zum Hauptbahnhof.

Auf dessen Nordseite, über die Invalidenstraße hinweg, entsteht demnächst ein begehbares Luftbild des Berliner Stadtgebietes im Maßstab 1:300. Unter dem Motto „Wir stehen auf Berlin“ soll zwischen Mai und September eine „Großbildkommunikation“ tausende Touristen anlocken: Man läuft quasi durch die Straßen und über die Plätze der Stadt, hat einen Audioguide als individuellen Reiseführer am Ohr und erfährt auf diese Weise Berliner Geschichte und Gegenwart. Überdies bekommt man vielleicht auch Lust auf mehr Häuser, mehr Museen und mehr Stadt im Original.

Birthe Obst und Katja Schoßmann, die Projektmanagerinnen von Big Image, bekommen schon jetzt leuchtende Augen, wenn sie von ihrem Projekt sprechen: Auf einer Fläche von fast 5000 Quadratmetern besteht Berlin aus mehr als tausend Einzelteilen – Hartfaserplatten aus laminatähnlichem Material. Diese werden an Ort und Stelle wie ein gewaltiges Puzzle zusammengesetzt. Das Luftbild-Berlin reicht von Hellersdorf im Osten bis Kladow im Westen, von Pankow (Nord) bis Steglitz (Süd). Da kann jeder „sein“ Haus oder Hotel suchen und finden und dann darauf stehen und gehen.

Zustande kommt die Stadtlandschaft aus der Vogelschau (mit der die Berlin- Tourismus-Marketing-Gesellschaft bereits in aller Welt für einen Hauptstadtbesuch wirbt) durch einen Industriefotografen, der sich auf Großbilder spezialisiert hat. Werner Schäfer hatte seine Kamera unter einem Cesna-Sportflugzeug montiert und fotografierte weit über tausend Bilder aus 1525 Metern Höhe. Er flog das komplette Areal zigmal ab, hin und her, und die Stadt wurde dabei zur Rasterfläche mit unzähligen Punkten, die nun vergrößert, auf Platten gescannt und zusammengefügt werden müssen. Der Foto-Flug fand schon im Jahre 2005 statt, „bei der stürmischen Veränderung des Berliner Stadtbildes wird es nötig sein, diese und jene Stellen zu aktualisieren“, sagt Birthe Obst – also, wieder ins Flugzeug hinein und Klick! für den letzten Stand der Vogelschau.

Der überdimensionale Stadtbildersteller Werner Schäfer, der ansonsten in seiner Werkstatt in Stahnsdorf großformatige Bilder auf Stoff druckt, hat vor Jahren schon einmal geübt – mit einer Karte von Schweden zum Darübergehen. Nun möchte er etwas fürs „Big Image“ seiner Heimatstadt Berlin tun, die Erwartungen sind hoch: Von den täglich 300 000 Besuchern und Reisenden im Hauptbahnhof könnten, so hofft der Veranstalter, wenigstens 3000 zwischen 10 und 22 Uhr für sechs Euro Eintrittsgeld zwischen die Straßen und Plätze in die imaginäre Stadt kommen, um dann begeistert zu sagen: Ich steh auf Berlin!

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