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Berlin: Es geschah vor hunderten Zeugen

Wie der Schrecken an einem Sommerabend über die Kreuzberger Kneipenidylle hereinbrach

Wiener Straße. Im Herzen von Kreuzberg 36. Mehr als ein Dutzend Kneipen und Cafés, Restaurants und Imbissbuden reihen sich zwischen Skalitzer und Ohlauer Straße aneinander. Am warmen Sommerabend sind vor allem die Plätze draußen dicht belegt. Viele junge Leute, Studenten, Touristen, Szenevolk und Arbeitslose. Es müssen Hunderte sein, die die Schüsse hören, die kurz vor halb sechs vor dem „Travolta“ fallen. Das ist das neueste Lokal in der Wiener Straße. Direkt Ecke Lausitzer. Es hat erst vor ein paar Monaten aufgemacht. Früher war dort eine Berliner Pinte, dann ein türkischer Treffpunkt. Der Besitzer hat – weil ihm in dieser Gegend auch zu viele Leute rumlaufen, die Stress machen – eine Klingel an seiner Tür installiert. Herein kommt nur, wen er herein lassen will. Doch die Schüsse fallen vor seiner Tür.

Direkt gegenüber dem „Travolta“, auf der anderen Seite der Lausitzer Straße, liegt die „Weiße Taube“. Eine Kneipe zum Kickern und Fußballgucken. Doch am Montagabend ist kein Spiel; auch hier sitzen die Leute draußen – kriegen alles mit. Wie ein Radfahrer den Mann, der gerade vor dem „Travolta“ eine Frau erschossen hat, anspricht. Und wie auch auf ihn geschossen, er schwer verletzt wird.

Vielleicht 40 Meter die Wiener Straße weiter abwärts Richtung Ohlauer liegt die „Bar 11“. Eine dunkle Höhle, der Eingang umrahmt von einer Art riesiger Fassdaube. Hier wartet man auf den Barkeeper: Markus M., Anfang 30. Sie hören die Schüsse. Ein Stammgast kommt: Da hinten wurde geschossen. Der da liegt – das ist Markus. Sie machen die Kneipe sofort zu.

In der Ohlauer Straße ist es dagegen ruhig. Kaum Kneipen, dafür Geschäfte. Shariar A., Besitzer des Telefonladens „Dr. Handy“ hat gerade Kundschaft, als er um kurz nach halb sechs Reifen quietschen hört. Eine Stimme ruft „Halt, Stehenbleiben.“ Shariar A. schaut hinaus. „Ein Polizeiwagen steht quer. Zwei Beamte springen hinaus“, sagt der Händler. Dann sieht er, wie ein Polizist und ein dunkelblonder Mann, circa 1,80 groß, sich gegenüberstehen – es habe fast so ausgesehen, als unterhielten sie sich. „Plötzlich zieht der blonde Mann eine silberfarbene Pistole und schießt dem Polizisten in den Oberkörper.“ Die Polizistin, die mit ihrem Kollegen im Auto saß, habe noch auf den fliehenden Mann geschossen. Doch der Täter läuft in einen Hauseingang. Nummer 30. Dort wird er später tot gefunden. how/tabu

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