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Berlin: EU-Vorschrift verteilt Arbeit neu

Feuerwehr beklagt Personalnot durch neue Vorgabe Kliniken haben diese größtenteils schon umgesetzt

euerwehr beklagt Personalnot durch neue Vorgabe Kliniken haben diese größtenteils schon umgesetzt

Die Feuerwehr will einen Teil der 450 Mitarbeiter, die wegen gesundheitlicher Probleme nur noch in Büros arbeiten, wieder auf der Straße einsetzen. So will die Behörde einen Teil des Personalmangels ausgleichen, der durch die neue EUArbeitszeitrichtlinie bevorsteht. Künftig dürfen auch Feuerwehrleute nur noch 48 Stunden arbeiten, bislang sind es 55, davon ein Teil Bereitschaft. Die EU fordert jetzt, diese in die Arbeitszeit einzurechnen. Feuerwehrchef Wilfried Gräfling sagte gestern, dass zum Beispiel Männer, die kein Atemschutzgerät mehr tragen dürfen, zumindest auf einem Rettungswagen eingesetzt werden sollen. Derzeit wird eine neue Einsatzkonzeption erstellt. So sollen nachts künftig weniger Fahrzeuge und Personal im Einsatz sein. Die Sicherheit der Bevölkerung bliebe gewährleistet, versicherten Gräfling und Innensenator Ehrhart Körting (SPD) gestern. Dem widersprach die Gewerkschaft der Polizei (GdP). „Die Personaldecke wird immer dünner und die Wege für das Rettungspersonal immer länger“, sagte Klaus Krzizanowski von der GdP.

Im vergangenen Jahr hatte die Feuerwehr einen starken Anstieg von Rettungsdienst-Einsätzen registriert. Innensenator Körting kritisierte, dass in Berlin auch „bei Kleinstverletzungen der Rettungswagen gerufen“ werde, selbst bei „eingewachsenen Fußnägeln“. Die Feuerwehr will nun leichte Fälle an private Krankentransportfirmen abgeben. Wie die EU-Richtlinie umgesetzt wird, ist noch unklar. Zunächst werden die Einsatzzahlen für 2006 ausgewertet, die die Basis für die neue Einsatzkonzeption bilden. Ende Januar sollen dann die Verhandlungen mit den Gewerkschaften beginnen.

Das, was der Feuerwehr noch bevorsteht, haben die Krankenhäuser inzwischen größtenteils hinter sich gebracht. Denn die Übergangsfrist für die Kliniken, die Arbeitszeitrichtlinie anzuwenden, lief am 31. Dezember 2006 ab. Die Umsetzung der neuen Regel, nach der Bereitschaftsdienste als normale Arbeitszeiten gelten, verlief deutlich geräuschärmer, als angesichts der lautstarken Klagen der Kliniken über unbezahlbare Mehrkosten zu erwarten war. Hundertprozentig aber ist die Richtlinie auch an den Krankenhäusern noch nicht durchgesetzt, was allerdings kein Klinikmanager offen zugeben würde, riskierte er dann doch Strafen. „Wir werden im Laufe des Jahres einen Großteil der Krankenhäuser kontrollieren“, sagt Robert Rath, Sprecher des zuständigen Landesamtes für Arbeitsschutz und technische Sicherheit. Verstöße werde man sanktionieren, jedoch nicht gleich beim ersten Ausrutscher mit einem Bußgeld.

Im Vorfeld hatten die Arbeitgeber von unzumutbaren Lasten gesprochen – und sich dann zum großen Teil mit der Ärztegewerkschaft Marburger Bund auf Vereinbarungen geeinigt, die zum Beispiel die Arbeitszeit pro Woche auf 64 Stunden begrenzen.

Tatsächlich brauchen die Kliniken dadurch mehr Mediziner, schließlich arbeiten sie weniger Stunden. „Um den Ausfall auszugleichen, müsste man theoretisch eine neue Arztstelle auf drei vorhandene schaffen“, sagt Matthias Albrecht, Qualitätschef des Vereins zur Errichtung evangelischer Krankenhäuser, zu dem in Berlin fünf Kliniken gehören. Es sind aber weniger: So hat der landeseigene Klinikkonzern Vivantes 50 neue Ärzte eingestellt – bei insgesamt 1400. Trotzdem: „Das Arbeitszeitgesetz ist ein Fortschritt für die Patientensicherheit“, ist Albrecht überzeugt. Denn Dienste von 24 Stunden führen nach Ansicht von Experten zu übermüdeten Ärzten, die eher Fehler machen.

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