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„Wir sollten die betroffenen Frauen ernst nehmen“: Felix Klein ist der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung.

© Imago Images/Metodi Popow

Update

Felix Klein stellt Rammstein-Konzerte in Berlin infrage: „Antisemitismus und Frauenverachtung gehen oftmals Hand in Hand“

Der Antisemitismusbeauftragte des Bundes erinnert an ein Rammstein-Video von 2019. Und die Familienministerin sieht ein „strukturelles Problem“ in der Szene.

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Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, hat nach den Missbrauchsvorwürfen gegen Rammstein-Sänger Till Lindemann die drei Berlin-Konzerte der Band im Juli infrage gestellt. „Ich halte es vor diesem Hintergrund für fragwürdig, ob die geplanten Rammstein-Konzerte in Berlin im vom Land betriebenen Olympiastadion so stattfinden sollten“, sagte er der „Berliner Morgenpost“.

Klein knüpfte in diesem Zusammenhang auch an frühere Erfahrungen mit der Band an. „Antidemokratische Diskriminierungen wie Antisemitismus, Frauenverachtung und Rassismus gehen oftmals Hand in Hand“, sagte er. Er verwies auf ein Video zum Lied „Deutschland“ aus dem Jahr 2019, „als Rammstein mit perfider Vernichtungslager-Optik die Opfer der Schoah verhöhnte“, wie Klein es ausdrückte.

In dem Musikvideo gab es unter anderem eine Hinrichtungsszene, bei der Bandmitglieder als KZ-Gefangene und als NS-Schergen zu sehen waren. Auf der Sträflingskleidung prangten Judenstern und rosa Winkel, das Zeichen für homosexuelle Gefangene in Konzentrationslagern. Die Szene ist hier im Video ab Minute 3:55 zu sehen.

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„Unabhängig davon, ob die Vorwürfe gegen Till Lindemann sich bewahrheiten: Wir sollten die betroffenen Frauen ernst nehmen, genauso wie wir Jüdinnen und Juden ernst nehmen sollten, wenn es um Antisemitismus geht“, sagte Klein. „Wir dürfen es nicht zulassen, dass die Grenzen des Sag- und Machbaren immer weiter verschoben werden, auch wenn das unter dem Deckmantel der Kunstfreiheit geschieht.“

In den vergangenen Wochen hatten mehrere Frauen der Band vorgeworfen, im Rahmen von Konzerten gezielt Sänger Till Lindemann zum Sex zugeführt worden zu sein. Eine zentrale Rolle soll dabei auch ein spezieller Raum unter der eigens konstruierten Bühne gespielt haben.

Till Lindemann weist Vorwürfe pauschal zurück

Lindemann hat über eine Anwaltskanzlei die Vorwürfe pauschal zurückgewiesen, dabei explizit aber nur die Behauptung genannt, Frauen seien mithilfe von K.o.-Tropfen oder Alkohol betäubt worden. Inzwischen ermittelt die Berliner Staatsanwaltschaft gegen Lindemann.

Am Freitag hatte sich mit Schlagzeuger Christoph Schneider erstmals ein Bandmitglied zu den Vorwürfen gegen Lindemann geäußert. Er sei „tief erschüttert“ von den Anschuldigungen, teilte Schneider auf Instagram mit. „Ich glaube nicht, dass etwas strafrechtlich Relevantes (wie z.B. der Einsatz von KO-Tropfen) passiert ist“, schrieb er. „Alles, was ich von Tills Partys mitbekommen habe, waren erwachsene Menschen, die miteinander gefeiert haben.“ Allerdings seien offenbar Dinge geschehen, „die – wenn auch rechtlich ok – ich persönlich nicht in Ordnung finde“.

Persönlich ging Schneider vorsichtig auf Distanz zum Rammstein-Sänger. „Gewisse Strukturen sind gewachsen, die über die Grenzen und Wertvorstellungen der restlichen Bandmitglieder hinausgingen“, erklärte er und betonte, dass Lindemanns Partys nicht mit den offiziellen Aftershowpartys verwechselt werden dürften. „Till hat sich in den letzten Jahren von uns entfernt und sich seine eigene Blase geschaffen. Mit eigenen Leuten, eigenen Partys, eigenen Projekten. Das macht mich traurig, definitiv.“

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Rammstein wollen am 15., 16. und 18. Juli im Berliner Olympiastadion auftreten. Anschließend wird es aber keine Partys im Stadion geben. „In Berlin wird es in den Liegenschaften, die ich zu verantworten habe, keine Aftershowpartys der Band Rammstein geben“, hatte Innensenatorin Iris Spranger (SPD) erklärt. Entsprechende Verträge dafür habe sie unterbunden.

„Die Konzerte kann ich als solches nicht verbieten, das steht nicht in meiner Hoheit“, sagte Spranger weiter. Es gelte die Unschuldsvermutung, aber der Staat habe auch die Verpflichtung, Gefahren abzuwehren.

Ministerin Paus: „Strukturelles Problem in der Konzertszene“

Bundesfamilienministerin Lisa Paus befürwortete die Entscheidung, sieht aber nicht nur die Politik in der Pflicht. „Ich kann es nachvollziehen, dass die After-Show-Partys der Rammstein-Konzerte in Berlin jetzt untersagt wurden“, sagte die Grünen-Politikerin der „Bild“. „Aber das kann nur der erste Schritt sein. Die Veranstalter haben die Aufgabe, gerade junge Fans zu schützen.

Die Berliner Politikerin will nicht allein über Rammstein reden. „Ohne Vorverurteilung im konkreten Fall: So wie ich die Diskussion wahrnehme, haben wir ein strukturelles Problem in der Konzertszene, über das nun endlich gesprochen wird“, sagte Paus. „Ich bin froh, dass wir endlich die Diskussion um die Sicherheit auf Konzerten führen.“ Der Fall zeige: „Einige öffentliche Veranstaltungen sind nicht so organisiert, dass Frauen und Mädchen sich wirklich sicher fühlen können. Und es gibt Stars, die ihre Machtposition gegenüber Frauen ganz klar missbrauchen. Beides muss sich ändern.“

Ergänzung: Mittlerweile wurde das im Text erwähnte Ermittlungsverfahren von der Staatsanwaltschaft mangels hinreichenden Tatverdachtes nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.

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