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Berlin: Folge deinem Stern

Dirk Zöllner, Dirk Michaelis und André Herzberg sind nach zehn Jahren als Die 3 Highligen auf Tour

Ostrocker, das ist so ein ähnlich blöder Stempel wie Deutschrocker. Eine stark klemmende Schublade für Musiker, die ein bisschen Segen, aber meist Fluch ist. Ein paar fühlen sich eingeladen, andere gründlich abgeschreckt. Unvoreingenommen nähert sich jedenfalls keiner mehr.

Nur gut, dass Die 3 Highligen, die am heutigen Sonnabend zum ersten Mal seit zehn Jahren live in Berlin in der Passionskirche zu hören sind, alles andere als unbeschriebene Blätter sind. Und wenn man sie denn Ostrocker nennen will, am besten gleich Ostrocklegenden: Dirk Michaelis, der als Sänger der Band Karussell 1987 die spätere Wendehymne „Als ich fortging“ komponierte, Dirk Zöllner, der mit seiner Band Die Zöllner seit Jahrzehnten beweist, dass in einem Jungen aus Ost-Berlin das Herz eines schwarzen Soulbruders steckt, und André Herzberg, Schauspieler und Sänger der Querdenkerband Pankow.

Zum dritten Mal seit 1993 haben sich die drei Frontmänner jetzt zum Projekt Die 3 Highligen zusammengerauft. Der seltsame Name stammt von den Fans, die damals bei der ersten Zusammenarbeit des Trios immer „jetzt kommen die drei Heiligen“ sagten, erzählt Dirk Michaelis. Seit Anfang Januar haben sie 15 Konzerte vor vollen Sälen gespielt. Tourabschluss ist natürlich in ihrer Heimatstadt. Hier leben sie in Prenzlauer Berg und Friedrichshain. Sie seien Freunde, sagt Dirk Zöllner, „André Herzberg ist mein Skatkumpel, Dirk Michaelis mein Seelenbruder“. Sie sind Kollegen seit 25 Jahren, alle um die 50 und außerdem: „eint uns, dass wir alle unserem Stern folgen“, sagt Dirk Zöllner. Der wäre? „Ab einem bestimmten Alter verzagen und stagnieren die Leute. Wir nicht, jeder von uns macht alle zwei Jahre eine neue Platte“.

Trotzdem ist das mit den Dreien musikalisch und persönlich auf der Bühne nicht so ganz einfach. Schließlich prallen da reine Frontleute aufeinander – noch dazu ohne Band, die sonst das musikalische Rückgrat liefert, sagt Dirk Zöllner. Die drei begleiten sich gegenseitig, ohne „Superinstrumentalisten“ zu sein, und alle drei machen ziemlich unterschiedliche Musik. Das sei, als ob Paul McCartney, Mick Jagger und James Brown zusammen auf Tour gehen, flachst Kollege Michaelis. Ein Rockchansonist, ein Rock’n’Roller und ein Funker. Jeder will führen, jeder will was sagen, jeder kritzelt in den Liedern der anderen herum. Immerhin seien sie jetzt beim dritten Mal so kurz vorm Ende der Unplugged-Tour noch nicht zerstritten, freut sich Dirk Zöllner.

Mit einem Wort wie „Ostalgie“ will keiner von ihnen etwas zu tun haben, obwohl sie DDR-Musikgeschichte geschrieben haben. Sie hätten in den 20 Jahren seit der Wende schließlich alles andere als rumgesessen, sagt Dirk Michaelis, der auch das Wort „Nostalgie“ nicht mag. Klar brächten sie auch in der Passionskirche ihre großen Evergreens „Als ich fortging“, „Langeweile“ oder „Käfer auf’m Blatt“, die die alten wie neuen Fans immer unbedingt hören wollen. Aber das habe weder was mit Ostalgie noch Nostalgie zu tun, sondern „einfach mit Leben“. Und das besteht bei Künstlern, die so lange im Geschäft sind wie diese, nicht nur aus Gegenwart, sondern auch aus Vergangenheit. Das eint Ost- wie Westrocker.Gunda Bartels

Passionskirche, Marheinekeplatz, Kreuzberg, Sonnabend 20 Uhr, 33 Euro

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