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Berlin: „Ich hätte gern gespendet“

Der britische Erfinder und Unternehmer Glenn Lacey wollte dem Berliner Technikmuseum Geld für ein Grundstück schenken Doch aus dem Deal wurde nichts. Jetzt erzählt er erstmals, wieso er seine Zusage nicht einhalten konnte

Mr. Lacey …

Nein, lassen Sie mich bitte mit dem Fragen beginnen. Hat irgendjemand in Berlin meinetwegen seinen Job verloren?

Nein. Kultursenator Thomas Flierl ist nicht mehr im Amt, aber das hat andere Gründe.

Wird jemand seinen Job verlieren?

Wahrscheinlich nicht.

Das freut mich aufrichtig. Ich habe so vieles gehört und gelesen in den letzten Tagen. Hasst man mich in Berlin?

Nein. Aber Sie sind ein wenig ins Gerede gekommen wegen der Spende, die Sie für das Deutsche Technikmuseum zugesagt hatten. Das Geld ist nie geflossen. Haben Sie gelesen, was alles über Sie geschrieben worden ist?

Ja, und ich bin sehr überrascht. Was hatte ich denn mit der Spende zu gewinnen? Nichts, absolut nichts. Wir reden hier über eine wohltätige Schenkung, um die man mich gebeten hat. Das ist eine sehr komplexe Geschichte, die in der Öffentlichkeit leider sehr einfach erzählt worden ist. Zu meinem Nachteil.

Erzählen Sie uns, was wirklich passiert ist.

Ich war im Frühjahr 2004 zu einem kurzen Besuch in Berlin und dabei auch im Technikmuseum. Ich halte diesen Kontakt schon lange, weil mir das Museum geholfen hat, meine Sammlung alter Flugzeuge aufzubauen, mit Archivmaterial und anderen wichtigen Tipps. Ich fühlte mich diesen Leuten sehr verbunden. Ganz plötzlich kam diese Anfrage: Glenn, wir brauchen dieses Gelände, sonst baut man dort ein Riesenrad, und das schadet uns. Kannst du uns helfen? Es geht um 5,5 Millionen Euro!

Sie haben zugesagt.

Nicht sofort. Ich habe gesagt: Lasst mich darüber nachdenken. Aber die Leute vom Museum haben geantwortet: Wir brauchen die Entscheidung noch heute.

5,5 Millionen Euro sind viel Geld …

… und ich musste mich innerhalb von ein paar Stunden entscheiden. Ich kam mit der 10-Uhr-45-Maschine in Berlin an und bin um 16 Uhr zurückgeflogen. Meine Firma Phoenix Aviation entwickelte sich damals sehr gut, das hat mein Denken beeinflusst. Ich habe also zugesagt. Aber unter vier Bedingungen, die alle akzeptiert wurden.

Welche Bedingungen?

Erstens: Dass es sich um eine wohltätige Schenkung handelt, nicht um eine Schuld gegenüber dem Senat oder dem Museum. Die erste Vereinbarung, die mir das Museum zuschickte, ähnelte doch sehr einem geschäftlichen Vertrag, also habe ich um ein paar Änderungen gebeten.

Warum?

Sollte ich wegen einer Wohltat ein Millionenrisiko eingehen? Ich wollte doch nicht als Gitarrenspieler an der Waterloo Station mein Geld verdienen. Stellen Sie sich vor, mir wäre etwas zugestoßen, und meine Frau hätte vom Technikmuseum eine Rechnung über 5,5 Millionen Euro bekommen!

Und die anderen drei Bedingungen?

Zweitens: keine Mitteilung an die Öffentlichkeit. Leider wurde einer Zeitung kurz vor der Eröffnung der Luftfahrtausstellung auf geheimnisvolle Weise mein Name zugespielt. Das hat mich sehr verärgert, ich habe mich beim Museum darüber beschwert und bin deswegen nicht zur Eröffnung gekommen. Drittens: Meine persönlichen und familiären Angelegenheiten gehen vor. Daraus folgt viertens: Die Zuwendung ist davon abhängig, wie es meiner Firma geht. Wie gesagt: Damals lief das Geschäft sehr vielversprechend.

Heute sieht es nicht so gut aus. In den Medien heißt es, Sie seien pleite und mussten ihre Flugzeugsammlung verkaufen. Sie haben gar nichts mehr zu verschenken.

Nein, ich bin nicht bankrott. Ja, meine Flugzeuge habe ich verkauft. Kurz nach der Übereinkunft mit dem Museum kam es in meiner Firma wegen externer Faktoren zu vertraglichen Verspätungen und damit zu einigen Problemen.

Welche externen Faktoren meinen Sie?

Der Irakkrieg ist ein gutes Beispiel. Einen großen Teil unseres Geschäfts wickeln wir in den USA ab, besonders mit den Ausrüstern und Herstellern des Militärs. Dort können sich zu Kriegszeiten die Prioritäten im Budget ganz leicht ohne jede Ankündigung ändern und damit die Programme vieler Unternehmen in Verzug bringen. So erging es meinem Unternehmen. Aus der guten Perspektive für Phoenix wurde plötzlich eine sehr unsichere. Ich hatte nicht erwartet, dass diese Probleme sich über einen so langen Zeitraum hinziehen würden. Das Ergebnis war, dass ich meine persönlichen und geschäftlichen Finanzen umstrukturieren musste. Dieser Prozess ist jetzt abgeschlossen, das Unternehmen entwickelt sich wieder sehr positiv. Wir haben großartige Technologien und Produkte.

Was produzieren Sie eigentlich?

Präventive Diagnose für Leitungstechnik. Ich habe ein System entwickelt, das Schäden in Kupfer- und Glasfaserkabeln erkennt und lokalisiert, bevor es lebensgefährlich wird. Mit diesem System hätte es den furchtbaren Absturz der TWA 800 vor zehn Jahren über New York nicht gegeben. Die Crew wäre rechtzeitig gewarnt worden. Das Prinzip lässt sich mühelos auf Autos übertragen oder auch auf Gebäude. Wenn eine Leitung defekt ist, müssen Sie nicht die komplette Wand aufklopfen. Wenn dieses System in Serie geht, wird es weniger als 20 Dollar kosten.

Wir haben Ihre Firma auf dem Flughafen Fairoaks in England besucht. Von Produktion war nichts zu sehen.

Die gab es in Fairoaks nie, wie viele andere Unternehmen lagern wir die Produktion aus. In Fairoaks kümmern wir uns um Forschung, Entwicklung, Produktkontrolle und den technischen Support für unsere Kunden.

Ihr Job ist moderne Technik, Ihr Hobby sind Flugzeuge aus der Nazizeit.

Ja, ich bewunderte Ingenieure wie Messerschmitt, Heinkel, Klemm und Tank, sie haben damals hervorragende Arbeit geleistet. Aber das heißt natürlich nicht, dass ich Sympathie empfinde für das Regime, dem sie gedient haben.

Ein Geschäftspartner hat Sie in einer Zeitung einen verrückten Professor genannt, der mit der Firma gar nichts mehr zu tun habe.

Fragen Sie diesen Partner doch bitte selbst! Seine Kollegen haben mir versichert, er habe nie mit irgendeiner Zeitung gesprochen. Nur aus dem Technikmuseum ist jemand vollkommen falsch und aus dem Zusammenhang heraus zitiert worden.

Angeblich hat ein deutsches Unternehmen Sie auf Zahlung einer Millionensumme verklagt.

Dieses Unternehmen ist ein Teilhaber bei Phoenix. Die finanzielle Angelegenheit ist erledigt. Wir arbeiten sehr gut zusammen, haben täglichen Kontakt und sind dabei, die Probleme zu lösen, die durch die vorhin von mir geschilderten Verzögerungen entstanden sind. Aber das hat nichts mit dem Technikmuseum zu tun.

Die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus behaupten, Sie hätten vom Technikmuseum zwei Flugzeuge als Leihgabe erhalten und nie zurückgegeben.

Ich habe aus Berlin keine Flugzeuge als Leihgabe erhalten.

Der Gerichtsvollzieher soll Ihre Flugzeuge konfisziert haben.

Ja, unter den gegebenen unglücklichen Umständen damals war das die normale Vorgehensweise. Ein Gericht bestellt einen Vertreter, der leider den furchtbaren Namen Gerichtsvollzieher trägt. Das war das Ergebnis meiner damaligen geschäftlichen Probleme. Deswegen konnte ich die vereinbarten Termine für die Schenkung nicht einhalten.

Das Museum aber hatte Ihre Bereitschaft an den Senat weitergeleitet und diesen dazu veranlasst, im Frühling 2005 einen Vertrag über den Kauf des strittigen Grundstücks zu schließen.

Darüber bin ich erst ein Jahr später informiert worden. Ich dachte, ohne meine Spende könne man das Grundstück nicht kaufen. Also haben wir im März 2005 unter den bekannten Bedingungen eine Vereinbarung geschlossen. Jetzt weiß ich, dass der Senat nur ein paar Wochen später einen entsprechenden Vertrag geschlossen hat. Das überrascht mich doch sehr. Wenn ich auf einen Sponsor angewiesen bin, schließe ich so einen Vertrag doch erst, wenn das Geld auf der Bank ist.

Haben Sie je mit dem Senat verhandelt?

Nie. Herrn Flierl habe ich nie gesehen, ich glaube, wir haben einmal miteinander telefoniert. Es tut mir leid, dass ich nicht spenden konnte, ich entschuldige mich dafür bei Herrn Flierl. Aber der Kontakt lief allein über das Museum …

… mit dem Sie seit Wochen wahrscheinlich täglich telefonieren.

Nein. Der Kontakt ist sehr lose. Direktor Böndel habe ich zweimal gesehen, einmal 2004, das zweite Mal 2005. Zuletzt habe ich im Juni 2006 vom Museum gehört.

Hat der Senat nicht auf Zahlung gedrängt? Herr Flierl sagt, er habe Ihnen mehrere Briefe geschickt mit der Bitte, die Schenkung zu vollziehen.

Es kann sein, dass ich ein, zwei Briefe erhalten habe. Aber von dem, was Sie ansprechen, findet sich in meinen Unterlagen nichts, deswegen kann ich das auch nicht kommentieren. Es gibt seit Juni 2006 keinen Kontakt nach Berlin. Niemand hat mich auf die Schenkung angesprochen. Ich dachte, das liegt daran, dass man meine wirtschaftliche Situation respektiert. So wie wir das vereinbart hatten. Vom Kauf des Grundstücks habe ich erst aus der Zeitung erfahren.

Was halten Sie von folgender These: Das Museum war nur daran interessiert, dass der Senat das Grundstück kauft. Als das klar war, war es egal, von wem das Geld kommt. In diesem Fall hätte das Museum Sie und den Senat ausgetrickst.

Das kommentiere ich nicht.

Was hatten Sie eigentlich gegen das Riesenrad?

Ich? Nichts. Die Museumsleute haben mir gesagt, es wäre schlecht für sie, was ich nicht so ganz verstand. Ich wollte nicht das Riesenrad verhindern, sondern die Luftfahrt unterstützen. Wird es denn jetzt einen Erweiterungsbau geben?

Auf absehbare Zeit nicht.

Seltsam. Nun sagen Sie mir doch mal bitte, warum das Museum so vehement gegen das Riesenrad ist. Ich bewundere das London Eye an der Themse, grandiose Technik, ein Publikumsmagnet. Ich dachte, auch das Berliner Museum müsste an so etwas interessiert sein.

Die Museumsleute sagen, eine bessere Rummelattraktion passe nicht zum Charakter ihres Hauses.

Das klingt ja beinahe elitär. In London profitieren viele Museen und Galerien vom London Eye. Die vielen Besucher kommen aus sehr unterschiedlichen Ländern.

Das klingt beinahe so, als seien Sie froh, dass Sie nicht gespendet haben.

Nein, ich hätte gern gespendet, und ich bin immer noch dazu bereit, dem Museum Geld zukommen zu lassen, allerdings nur unter den Bedingungen, die wir damals vereinbart hatten. Mein Angebot steht immer noch für den Fall, dass es meiner Firma wieder besser geht. Zurzeit erholt sich Phoenix, und ich bin sehr optimistisch, dass 2007 ein ruhiges und erfolgreiches Geschäftsjahr wird.

Das Gespräch führte Sven Goldmann

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