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Auf Deutsch gesagt: Man muss nur wollen

Brigitte Grunert über die Sprache der Politiker

Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg, wie der Volksmund sagt. Nun ja, es soll vorkommen, dass der Wille erlahmt. „Nach dem sogenannten Gammelfleischskandal 2006/07 machte der Senat durchaus den Versuch, über eine verbesserte Lebensmittelüberwachung den Verbraucherschutz in Berlin stärken zu wollen“, aber leider sei die Senatorin Katrin Lompscher und mit ihr der gesamte Senat auf halbem Wege stehen geblieben, kritisierte die CDU-Fraktion des Abgeordnetenhauses in einem Antrag.

Moment mal, an dem Zitat stimmt doch etwas nicht. Es hört sich direkt komisch an. Wie kann man versuchen, etwas stärken zu wollen? Umgekehrt wird ein Schuh draus: Man hat den Willen, etwas zu ändern und versucht es zumindest. Korrekt gesagt: Nach Meinung der CDU-Fraktion hat der Senat versucht, den Verbraucherschutz zu stärken, aber schließlich nicht mit dem nötigen Nachdruck gehandelt.

Das Verb wollen drückt ja eine Absicht aus, einen Wunsch, einen Willen. Steht in einem Satz jedoch bereits ein Substantiv für diese Absicht, den Wunsch oder auch den Versuch, hat das Verb wollen dort nichts zu suchen, weil dadurch ein Pleonasmus entstünde, ein inhaltlich überflüssiger Zusatz. So ist häufig doppelt gemoppelt vom weißen Schimmel, kleinen Zwerg oder alten Greis die Rede. Manche Parlamentarier erzählen, man dürfe Haushaltsmittel nicht nutzlos vergeuden. Doch Vergeudung ist immer nutzlos.

Andererseits darf man in bestimmten Fällen das Verb wollen nicht weglassen. Der Minister reagierte auf die Rücktrittsforderung, indem er erklärte, im Amt bleiben zu wollen (nicht: im Amt zu bleiben). Er kann gar nicht erklären, dass er im Amt bleibt, denn er weiß nicht, ob ihm das gelingt. Sie behauptete, ihr Amt niederlegen zu wollen. Auch darin steckt ein Vorbehalt; wer weiß, ob man ihr das glauben kann. Die Erklärung oder Behauptung schließt eben noch nicht die Vorstellung einer Absicht ein. Aber: Er kündigte (die Absicht) an, kurzfristig eine Entscheidung zu treffen. Geht nun dem Verb wollen ein Verb im Infinitiv voraus, steht wollen ebenfalls im Infinitiv, nicht etwa im zweiten Partizip. Die Fraktion hatte den Streit beilegen wollen (nicht: beilegen gewollt); es hat nicht sollen sein. Aber: Er hatte ihr Unrecht getan, und das hatte er nicht gewollt. Ach, selbst einfache Verben haben es offenbar in sich.

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