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Berlin: Mediziner-Streik: Kassen: Situation ist hausgemacht

Die Krankenkassenverbände kritisieren die Protestwoche der niedergelassenen Ärzte: AOK und Ersatzkassen fordern die Kassenärztliche Vereinigung (KV) auf, den Sicherstellungsauftrag und die medizinische Versorgung der Patienten zu garantieren. Es habe allerdings bisher keine Patientenbeschwerden über die Ärzteproteste gegeben, sondern lediglich Unmutsäußerungen über längere Wege zu Vertretungsärzten.

Von Sabine Beikler

Die Krankenkassenverbände kritisieren die Protestwoche der niedergelassenen Ärzte: AOK und Ersatzkassen fordern die Kassenärztliche Vereinigung (KV) auf, den Sicherstellungsauftrag und die medizinische Versorgung der Patienten zu garantieren. Es habe allerdings bisher keine Patientenbeschwerden über die Ärzteproteste gegeben, sondern lediglich Unmutsäußerungen über längere Wege zu Vertretungsärzten.

Die Honorarsituation der Ärzte sei ein "hausgemachtes Verteilungsproblem der KV", sagte AOK-Pressesprecherin Gabriele Rähse. "Wir sind gegen eine Instrumentalisierung der Patienten." Auch das bald ausgeschöpfte Arzneimittelbudget sieht Rähse als ein Problem der Ärzte: Es gebe Wirtschaftlichkeitsreserven durch die Verschreibung preiswerterer Medikamente der gleichen Wirkstoffgruppe und der Vermeidung von Verordnungen umstrittener Mittel.

KV-Chef Manfred Richter-Reichhelm sagte, dass die Patientenversorgung gesichert sei. Der Ärztliche Bereitschaftsdienst habe am Dienstag 417 Hausbesuche unternommen, "eine Zunahme von 20 Prozent", sagte KV-Pressesprecherin Annette Kurth. Patientenklagen sind ihr nicht bekannt, die Anfragen unter der KV-Telefonnummer 31 00 31 seien auch rückläufig. Richter-Reichhelm, zugleich Vorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, sagte, dass der Mitgliederwechsel zu den Billigkassen zu einer "Entsolidarisierung des Gesundheitssystems" führe. Die gesetzlichen Krankenkassen in Berlin hätten 1999 /2000 einen Verlust von 20 000 Mitgliedern, was ein finanzielles Minus von 44 Millionen Mark ausmache. "Und wir können an die Mediziner nur das verteilen, was wir in unseren Töpfen haben", sagte Richter-Reichhelm.

Auch Axel Wald, Vorstandsvorsitzender des BKK-Landesverbandes Ost, fordert neue Vergütungssysteme. Nach dem neuen Gesundheitsreformgesetz ist es nun möglich, individuelle Verträge mit den Facharztgruppen abzuschließen. Die Honorierung soll nach bestimmten Behandlungsleitlinien erfolgen. 2001 will die BKK individuellere Leistungsvergütungen vertraglich absichern. Wald ärgert, dass die so genannten Billigkassen wie die BKK VBU, die eine niedrige Kopfpauschale von 460 Mark pro Versicherten an die KV zahlt, jetzt zu "Buhmännern" gemacht werden. "Es wird übersehen, dass die BKK neben der Kopfpauschale nochmal eine Ausgleichszahlung von jährlich 2700 Mark pro Mitglied an finanzschwache Kassen zahlt." Außerdem: In Berlin kommen auf einen Arzt rund 190 Einwohner, im Bundesdurchschnitt sind es rund 280. "Es gibt einfach zu viel Ärzte", so Wald.

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