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Berlin: Nur der Stempel unterscheidet Original und Druck

"Michèle, das musst Du sehen, es ist einfach hinreissend." Dieter Senoner, gerüchteweise als künftiger Protokollchef des Senats im Gespräch, entführte seine Frau aus einem Damen-Plausch.

"Michèle, das musst Du sehen, es ist einfach hinreissend." Dieter Senoner, gerüchteweise als künftiger Protokollchef des Senats im Gespräch, entführte seine Frau aus einem Damen-Plausch. Tatsächlich hinreissend sind die Entdeckungen, zu denen die Bundesdruckerei in ihr Ausstellungsfoyer in der Kommandantenstraße 15 geladen hatte. Dort zeigt sie in ihrer 6. Ausstellung "Menzel, Liebermann und Slevogt - die hohe Kunst der Lichtdrucks".

Angeregt durch den Direktor des Berliner Kupferstichkabinetts, Friedrich Lippmann, hatte die Reichsdruckerei - Vorgängerin der Bundesdruckerei - 1889 mit der Nachbildung von Kupferstichen und Holzschnitten alter Meister und der Werke moderner Künstler begonnen. "Die Reichsdrucke (...) bilden einen gewählten Schmuck für das kultivierte deutsche Haus, wie er edler und intimer nicht gedacht werden kann", schrieb 1925 die Deutsche Verkehrszeitung. Max Liebermann und Max Slevogt achteten persönlich auf die Qualität der Faksimiledrucke ihrer Werke und erteilten das Imprimatur: "Es werde gedruckt!". Das Ergebnis war so sagenhaft, dass man die Drucke mit einem Stempel kennzeichnen musste, um Verwechslungen mit dem Original zu verhindern. Und zur Weltausstellung 1929 bekam die Reichsdruckerei für ihre Lichtdrucke von Menzel und Liebermann sogar den Großen Preis.

Die Ausstellung - bis 31. März täglich von 10 bis 20 Uhr in der Kommandantenstraße 15 - zeigt aber nicht nur die hohe Kunst eines heute kaum noch angewendeten Handwerks, sie verrät gleichzeitig auch viel über die Akribie der ausgestellten Künstler.

"...muß etwas gelblich sein", wies Adolph von Menzel am Rand seiner Zeichnung "Ziege mit Holzpferdchen" aus den "Hessischen Reisebildern" 1847 den Drucker hin. "Dieser Ton etwas zu blau" befand er an anderer Stelle, "Holzpferdchen aufhellen!" steht auch lakonisch da. "Die Farbe des Gesichts ist recht. Das Gesicht an sich aber taugt nichts. Das andere ist besser", beurteilte Menzel mit Bleistift den Druck seiner Porträtstudie des Grafen Schaumburg-Lippe.

Ernst Theodor Menke, der Geschäftsführer der Bundesdruckerei, machte zur Vernissage den Gästen - darunter Rolf Budde, Vorsitzender der 1995 gegründeten Max-Liebermann-Gesellschaft, Appetit auf mehr: "In unserem Keller sind noch viele Schätze, die gehoben werden sollen". Er versprach auch, die Bundesdruckerei wolle sich "in die Welt öffnen". Nur der Geldschein-Druck bleibt ihr Geheimnis.

hema

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