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© Phantombilder: Polizei Berlin

Lichtenberg: Speicheltest soll Kinderschänder überführen

Die Polizei will die DNA von 500 Männern überprüfen. Gesucht wird ein Sexualstraftäter, der mehrfach im Osten der Stadt zuschlug.

Berlin steht vor einem DNA-Massentest: Mithilfe von Speichelproben will die Polizei einem Vergewaltiger auf die Spur kommen, der in den vergangenen drei Jahren fünf Mädchen sexuell missbraucht hat. Zuletzt hatte der Täter, von dem es ein Phantombild gibt, am 28. Januar 2008 ein sechsjähriges Mädchen im Stadtpark Lichtenberg vergewaltigt. 2006 und 2007 soll er Kinder in Marzahn und Hellersdorf vergewaltigt haben – in zwei Fällen blieb es bei einem Versuch.

Zum Speichelprobentest könnten rund 500 Männer im Alter zwischen 25 und 50 Jahren gebeten werden – alle, die „sich zur Tatzeit in der Umgebung der Tatorte aufgehalten haben“, sagte der Sprecher der Staats anwaltschaft, Michael Grunwald: „Sei es, dass sie dort wohnen, arbeiten oder regelmäßig dort gesehen wurden.“ 100 Männer seien bereits angeschrieben worden und sollen in Kürze ihre Speichelprobe abgeben. Diese kann aber nur nach einer schriftlichen Einwilligung genommen werden. Der Reihentest diene auch dem „Ausschluss prinzip“. Nicht jeder der angeschriebenen Männer sei also automatisch tatverdächtig. „Aber er ist aufgrund seines Profils interessant für die Ermittlungen“, sagte ein Beamter.

Aufgrund der genetischen Spuren des Täters, die bei den Opfern gefunden worden sind, macht die Polizei den Gesuchten neben der Tat im Stadtpark Lichtenberg auch für einen schweren sexuellen Missbrauch einer Neunjährigen im November 2006 in Marzahn, zweier neunjähriger Mädchen im Sommer 2007 in Marzahn sowie der versuchten Sexualstraftaten an einem sieben und einem neun Jahre alten Mädchen 2007 in Hellersdorf und Marzahn verantwortlich. Die letzte Tat ist fast ein Jahr her. Warum danach keine weitere folgte, darüber können die Ermittler nur spekulieren. „Möglicherweise ist er weggezogen“, sagte ein Beamter. Doch für die DNA-Untersuchung werden auch Männer angeschrieben, die umgezogen sind – aber dennoch ins Profil passen.

In Lichtenberg wussten gestern viele Passanten noch nichts von der geplanten Reihenuntersuchung. Eine Mutter, deren Tochter auf dieselbe Schule geht wie die vergewaltigte Sechsjährige, sagte: „Ich bin froh, dass endlich etwas getan wird.“ Nach dem Vorfall seien Eltern und Schüler sehr verängstigt gewesen, auch heute sei sie in ständiger Sorge um ihre Tochter. Der 45-jährige Wirt des Gasthauses „Parkblick“ findet die Aktion ebenfalls gut. „Wenn’s zur Aufklärung des Falls hilft, ist das doch ’ne gute Sache“, sagt er. Er werde den Test natürlich machen, wenn er einen Brief bekomme.

Ein Gast am Tresen im „Parkblick“ schüttelt hingegen den Kopf: „Das würde doch nur klappen, wenn alle Männer in Deutschland ihre Spucke abgeben“, sagt er. Auch eine 23-jährige Studentin, die im Bürgeramt wartet, ist sehr skeptisch über den neuen Ermittlungsansatz der Behörde. „Der Täter könnte doch von überall her sein, außerdem sind 500 Briefe da viel zu wenig“, sagt sie.

Den ersten DNA-Massentest in Berlin hatte es 2002 nach dem sogenannten Babyklappen-Mord gegeben. 450 Mitarbeiter der Zehlendorfer Klinik Waldfriede wurden damals gebeten, einen Speicheltest abzugeben. Im Juli 2002 war ein mit 15 Messerstichen getöteter Säugling in der Babyklappe abgegeben worden. Der Fall konnte bis heute nicht aufgeklärt werden. In einem anderen Mordfall gelang dies vier Jahre nach einem DNA-Massentest: Im Jahr 2002 war der 80-jährige Möbelhändler Herbert Kretzer ermordet worden. Weil die Kripo davon ausging, dass die Täterin eine Prostituierte war, hatten bis Ende 2003 etwa 300 Huren eine Speichelprobe abgegeben. Als dies erfolglos war, hat die Polizei den Test mit 100 weiteren Proben auf das private Umfeld ausgedehnt. Ein DNA-Abgleich überführte dann eine 45-jährige ehemalige Angestellte des Mannes als Täterin.

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