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Prenzlauer Berg: Protest auf allen Seiten

Die Tucholsky-Bibliothek soll geschlossen werden. Anwohner besetzten gestern das Haus.

Vor der Kurt-Tucholsky-Bibliothek in Prenzlauer Berg steht ein kleines Mädchen mit einer pinkfarbenen Pudelmütze. Sie hält ein gelbes Plakat in die Höhe. „Wir wollen unsere Bibliothek behalten, bitte bitte bitte“, steht darauf. Neben ihr schlagen Lulu und Wenzel (beide fünf Jahre alt) zwei hölzerne Kochlöffel auf einen umgedrehten Topf. „Kinder brauchen Bücher, Kinder brauchen Bücher“, skandieren sie. Am Freitagmittag schlugen große und kleine Bewohner des Bötzow-Viertels Krach. Der Grund: Die Kurt-Tucholsky-Bibliothek in der Esmarchstraße 18 soll zum 1. Januar 2008 geschlossen werden. Über 800 000 Euro Personalkosten muss der Bezirk im Bereich Kultur einsparen, unter anderem die vier Stellen der Bibliothek werden deshalb abgebaut.

Die Bürgerinitiative „Pro Kiez“ besetzte gestern kurzerhand die Leseräume, lud Kitas, Schulen und Nachbarn ein. Erzieherin Annegret Fischer kam mit etwa 30 Kindern der Kita „Bambini Oase“ aus der benachbarten HansOtto-Straße. Regelmäßig hatte sie bislang mit den Kindern die hier integrierte Kinderbibliothek „Nobi“ besucht. Damit ist nun bald Schluss. Peter Venus, der Sprecher der Bürgerinitiative „Pro Kiez“, kann über die drohende Schließung der Bibliothek nur den Kopf schütteln. „Lesen ist doch extrem wichtig für die Ausbildung junger Menschen“, sagt er. „Verkehrter kann man nicht sparen“, empört sich eine Mutter. „Ich könnte damit leben, wenn die Erwachsenenbibliothek geschlossen wird und ich weiter weg fahren müsste“, sagt Yvonne Weigelt (36). Für ihre beiden Kinder sei die Bibliothek in der direkten Nachbarschaft aber ideal.

Peter Venus und seine Mitstreiter von „Pro Kiez“ haben es sich unterdessen in den Bibliotheksräumen bequem gemacht. „Wir bleiben erstmal hier“, sagt er. „Auch über Nacht.“ Kulturstadtrat Michail Nelken (Linkspartei) ist am Freitag selbst vor Ort. Er duldet die Besetzung der Räume „solange sie nicht den Betrieb der Bibliothek stört“. Die Pläne zur Schließung sieht er selbst mit Bedauern, ändern könne er sie nicht.

Am Sonnabend veranstaltet „Pro Kiez“ um 16 Uhr eine kostenlose „Lesung gegen die Schließung“ in der Bibliothek. Lokale Autoren wie Thomas Brussig stellen ihre Texte vor.

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