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Berlin: Senatoren wundern sich über Bezirkschefs

In der Hauptverwaltung versteht keiner, warum die Bürgermeister über „Entmachtung“ klagen

Eins haben die Bezirksbürgermeister mit ihrer neuen Kampagne gegen die Entmachtungsversuche des Senats ganz schnell bewirkt: Dass sich in der gescholtenen Hauptverwaltung mancher wundert, warum sich die Bezirksbürgermeister gerade jetzt aufgeregt und zum verbalen Angriff gegen die Zentralisten im Senat aufgerafft haben. Einen Anlass gibt es nämlich nicht. Kein Regierender Bürgermeister, kein Senator hat neue Pläne vorgelegt, um den Bezirken Aufgaben zu entziehen. Kaum einer redet von der Verwaltungsreform. Niemand hat die Absicht, den Bürgermeistern nur noch die Anordnung von Halteverboten zu überlassen. Doch mancher im Senat kann nachvollziehen, dass sich die Bezirkspolitiker grämen, weil sie mit weniger Personal genau so viel leisten müssen wie zu den Zeiten, als das Geld den Bezirken nach Bedarf zugeteilt wurde.

Nur ein Senator – der für Stadtentwicklung zuständige Peter Strieder (SPD) – hat zur Zeit ein Projekt in Arbeit, in dem es auch um die Aufgabenverteilung von Haupt- und Bezirksverwaltung geht. Strieder hat sich von einem Beamten ein Papier schreiben lassen, in dem es um die Bauleitplanung geht. Darin wird dem Vernehmen nach auch die Frage gestellt, wie zeitgemäß die Bauordnung noch ist. Doch wenn es ums Bauen geht, werden Bezirkspolitiker besonders sensibel. Denn seit dem Beginn der Berliner Hauptstadtwerdung haben Bauvorhaben oft eine „besondere Bedeutung“ für die Stadtentwicklung – und dann ist Strieder zuständig. Nicht immer kann jeder leicht nachvollziehen, warum in Berlin mal ein Baustadtrat, ein andermal aber der Stadtentwicklungssenator zuständig ist. Strieders Sprecherin Petra Reetz nennt ein Beispiel: Am Alexanderplatz hat der Senat einen Wettbewerb ausgelobt, er verhandelt mit Investoren – doch die Baugenehmigung wird irgendwann mal der Bezirk erteilen, zuständigkeitshalber.

Die Bezirke sind in Berlin für Straßen und Plätze zuständig. Doch der Senat ist die Behörde, die für Einsprüche gegen Verwaltungsakte zuständig ist. Christoph Lang, Sprecher des Wirtschaftssenators, nennt ein Beispiel: Auf dem Gendarmenmarkt wird ein Oktoberfest genehmigt, eine Gala aber nicht. Wenn ein Veranstalter die Bezirksentscheidung nicht akzeptiert, muss sich ein Senator ran.

Gerade Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS) hat aber gute Erfahrungen mit einem Verfahren gemacht, das die Entscheidungsebenen Bezirks- und Senatsverwaltung durch geregelten Informationsaustausch miteinander verbindet. „Zentrale Anlauf- und Koordinierungsstelle“ heißt die Konstruktion. Seit ihrer Einrichtung vor drei Monaten habe Wolf nur positive Erfahrung damit gemacht, sagt sein Sprecher: Weil die Hauptverwaltung über Investorenwünsche von Beginn an informiert wird, schaltet sich der Senator nicht erst ein, wenn ein Investor wütend auf einen Wirtschaftsstadtrat ist. Auch Strieder lässt ausrichten, dass er die „Eigenverantwortung“ der Bezirke und deren politische Führung für wichtig hält. Doch müssten die Bezirke die Bemühungen des Senats stärker unterstützen, Investoren in die Stadt zu holen.

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