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Berlin: Sex, Lügen, Interpretationen

Patricia Duncker spricht über ihre Bücher

Manche Dichter und Denker halten die Literatur für eine Geheimwissenschaft, die wenigen Talentierten und Initiierten vorbehalten bleibt. Nicht Patricia Duncker . Die britische Schriftstellerin, deren jüngster Roman „Miss Webster und Cherif“ 2006 im Berlin Verlag erschienen ist, gab gestern beim Walberberg-Literaturseminar des British Council in Schmöckwitz Einblicke in ihre Schreibwerkstatt. Miss Webster, Protagonistin der Geschichte über die Freundschaft einer alten Dame und eines arabischen Jugendlichen, ist für Duncker die „typische englische Lady“: alte Jungfer, pensionierte Lehrerin mit imperialen Ansichten, für die Gesellschaft überflüssig geworden, redundant. „Sie ist sehr wütend“, sagt Duncker. Die – platonische – Freundschaft zu Cherif, dem marokkanischen Studenten, der in Miss Websters Landhaus und ins 9/11-traumatisierte England platzt, ist die Geschichte einer Befreiung und liefert viel Stoff für Interpretationen. Auch weil am Ende alles anders ist als gedacht. Frage aus dem Publikum: Ist der ideale Leser dann für Sie der, der Ihre Lesart teilt? „Der ideale Leser ist der, der das Buch mag“, sagt Duncker. „Meine Lesart ist nur eine von vielen möglichen. Leser sind ohnehin Anarchisten.“ Im Gespräch mit ihrem nordirischen Kollegen Glenn Patterson gab Duncker noch mehr Interpretationshilfen. Etwa dass ihre „Sieben Geschichten von Sex und Tod“ von 2005 unter anderem durch einen Stipendienaufenthalt auf Schloss Wiepersdorf inspiriert wurden. Duncker hatte neidvoll beobachtet, dass die bildenden Künstler unter den Stipendiaten im Gegensatz zu den Schriftstellern dauernd Sex hatten. „Und nicht nur unter sich. Es kamen auch noch Leute von außen.“ mah

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