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Museumsnacht: Die Erde ist keine Scheibe

Bei der Langen Nacht der Museen dreht sich diesmal alles um Weltbilder. In rund 60 Museen können Besucher der Frage nachgehen, welches Bild beispielsweise die Ägypter, die Griechen oder die Römer von ihrer Welt hatten.

Vor rund 400 Jahren richtete der italienische Gelehrte Galileo Galilei erstmals ein Teleskop auf den Sternenhimmel. Was er sah, bestätigte das heliozentrische Weltbild des Kopernikus, nach dem nicht die Sonne die Erde umkreist, sondern umgekehrt. Dieser Theorie wollte die Kirche in Rom keinen Glauben schenken, Galileis Widerspruch wurde als Gotteslästerung geahndet. Er wurde gezwungen, seiner Überzeugung abzuschwören und lebenslang unter Arrest gestellt.

Die Geschichte der Weltbilder ist eine Geschichte voller Missverständnisse. Jede Epoche hatte ihren eigenen Blick auf die Welt. Und genau das hat sich die 24. Lange Nacht der Museen zum Thema gesetzt: „Weltbilder – Weltsichten“ lautet das Motto, unter dem die Besucher am Sonnabend in den rund 60 Museen der Frage nachgehen können, welches Bild beispielsweise die Ägypter, die Griechen oder die Römer von ihrer  Welt hatten.

„Wir haben das Themenjahr ,20 Jahre Mauerfall’ zum Anlass genommen, auch nach anderen Zeiten zu schauen, in denen sich das Weltverständnis gewandelt hat und Machtverhältnisse sich verändert haben“, sagt Wolf Kühnelt, Organisator der Langen Nacht. „Museen haben nicht nur verstaubte Relikte zu bieten, sondern liefern auch auf aktuelle Fragen eine Antwort. Viele der teilnehmenden Häuser haben daher Ideen entwickelt, wie sie ihre Werke passend zum Thema inszenieren.“ Das Motto sei für die Museen aber keine zwingende Vorgabe gewesen.

In der Sammlung Scharf-Gerstenberg tauchen die bildungshungrigen Nachtschwärmer in „Surreale Welten“ ein. Mit über 250 Werken aus der Zeitspanne vor dem französischen Symbolismus bis weit über den Surrealismus hinaus wird hier die Geschichte der phantastischen Kunst nachgezeichnet. „Die oft mythisch aufgeladenen Werke der Symbolisten zeigen traumhaft Welten“, sagt Silke Krohn, Mitarbeiterin in der Sammlung. In einer Vielzahl von Führungen können die Besucher durch Piranesis düstere Kerkerwelten wandeln, Goyas schonungslosen Blick auf die Welt des spanischen Adels entschlüsseln, in den himmlischen Zwischenwelten der Symbolisten versinken oder sich die Welt der Surrealisten wie Max Ernst erläutern lassen.

„Weltsichten im Wandel“ thematisiert das Bodemuseum in seiner neuen Gastausstellung „Weltsicht und Herrschaftsverständnis der römisch-deutschen Kaiser“. Die 170 ausgestellten Medaillen ermöglichen einen Gang durch die Kunstgeschichte des Porträts : „Vom ritterlichen Kaiser im Harnisch des 16. Jahrhunderts über den barocken Herrscher bis hin zur klassizistischen Büste“, sagt Wolfgang Steguweit, stellvertretender Direktor des Münzkabinetts. In konzentrierter Form erlebe der Besucher 400 Jahre Habsburger Geschichte – vom „letzten Ritter“ Kaiser Maximilian I. bis hin zu Franz Josef I. und dem Beginn des 1. Weltkriegs.

„Die Mauer ist weg“ lautet die Schlagzeile des DDR-Museums. Interaktiv präsentiert das Haus anlässlich der Museumsnacht das Alltagsleben vor der Wende. Den ganzen Abend lang können Besucher in einem Quiz ihr Wissen über die Mauer testen. Und wer nicht genug weiß, kann eine originale DDR-Schulstunde miterleben, in einem 47-minütigen Filmdokument.

Normalerweise konzentriert sich das Angebot der Winter-Langen-Nacht auf die Häuser im Zentrum Berlins. Dieses Jahr sind auf der Route 6 auch das Blindenmuseum, das Botanische Museum Dahlem und das Planetarium am Insulaner mit dabei. „2009 ist auch das Internationale Jahr der Astronomie. Das Planetarium will an Johannes Kepler und Galileo Galilei erinnern. Die Mitarbeiter haben vor Ideen nur so gesprüht, das Haus musste dabei sein“, sagt Kühnelt.

Wer also immer noch glaubt, dass die Erde eine festsitzende Kugel ist, die von rotierenden Kristallschalen mit aufgeklebten Himmelskörpern umgeben ist, der möge sich dort und in der Sternwarte Wilhelm Foerster sein eigenes Bild von der Welt machen.

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