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Berlin: Steglitzer Kreiseln

Finanzverwaltung scheut die auf 70 Millionen Euro geschätzten Sanierungskosten. Bezirksamt will aber in dem Turm bleiben

„Am 24. November 2007 ist hier Schluss“, versichert der Personalratsvorsitzende Yusuf Atci. Dann schließt der letzte Mitarbeiter des Bezirksamtes das Steglitzer Kreisel-Hochhaus ab. Ob je wieder aufgeschlossen wird? Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) glaubt nicht daran. Bezirksbürgermeister Herbert Weber (CDU) wiederum ist überzeugt, dass es keine Alternative zu diesem Standort gibt. „Wir wollen wieder rein.“ Zuvor aber muss das asbesthaltige Bauwerk Ende nächsten Jahres wegen der Gesundheitsgefahren für über 700 Mitarbeiter und die Besucher erst einmal geschlossen werden.

In Kürze dürfte der Senat zu dem Schluss kommen, dass Verkauf oder Abriss die besten Lösungen sind – und das Bezirksamt auf mehrere Standorte verteilt untergebracht wird, etwa im alten Rathaus Lankwitz oder auch in leerstehenden Dienstgebäuden in Zehlendorf. Das letzte Wort über den Kreisel hat das Abgeordnetenhaus. Voraussichtlich im Februar wird das Parlament entscheiden.

„Ein Spannungsfeld“, sagt der Bezirksbürgermeister. Er hält die dezentrale Unterbringung auf Dauer für unakzeptabel. „Zentral ist optimal“, versichert Baustadtrat Uwe Stäglin (SPD) und meint damit die Lage des Kreisels an der Schnittstelle von S- und U-Bahn, sowie dem Kreuzungspunkt mehrerer Buslinien. Auch Personalrat Yusuf Atci assistiert: „Ein idealer Standort.“

Das verkehrsgünstige Hochhaus am Hermann-Ehlers-Platz ist nach Ansicht Webers durch keine anderen landeseigenen Immobilien zu ersetzen. Er warnt davor, die Firma Becker & Kries – ihr gehört der asbestbefreite Flachtrakt – vor vollendete Tatsachen zu stellen. Das Haus aufzugeben, könne zu einem „wirtschaftlichen Totalschaden“ führen. Die reinen Asbestsanierungskosten von 16 Millionen Euro blieben dem Land wohl nicht erspart. Auch dürfte der Kreisel vermutlich nicht vollständig abgetragen werden, weil es bautechnisch einen gewissen Druck auf die Untergeschosse geben müsse. Auch aus städtebaulicher Sicht sollte das markante Bauwerk erhalten bleiben. „Aber wir müssen etwas mit ihm tun.“

Die Kosten für die Gesamtsanierung und -modernisierung des Kreisels werden auf mindestens 70 Millionen Euro geschätzt. Nach Ansicht von Matthias Kolbeck, Sprecher der Finanzverwaltung, hat seine Behörde alle Baugutachten ausgewertet und Konsequenzen gezogen. Möglicherweise müsse das Abgeordnetenhaus zunächst nicht über den Kreisel, eher über die Zukunft der Verwaltungsstandorte für den Bezirk beschließen. Berlin könne ohnehin wegen Becker & Kries nicht allein entscheiden.

Die Behörde sei mit der Firma im Gespräch, „trotz der Interessenswidersprüche sind wir auf konstruktivem Weg.“ Für die Senatsbehörde steht fest, dass der Kreisel nicht mit Landesgeld saniert oder nach einer privat bezahlten Sanierung teuer vom Land gemietet werden kann. Die Finanzbehörde erwartet, dass die Bezirksverwaltung nach dem Auszug nie wieder einzieht. Zumal auch die Mitarbeiterzahl nach und nach reduziert wird – und damit auch weniger Platz nötig ist. Es gebe eine Reihe von geeigneten Landesimmobilien, um die Bezirksverwaltung angemessen unterzubringen, sagt Kolbeck.

Becker & Kries hatten angeboten, das marode Bauwerk zu kaufen, zu sanieren, modern umzubauen und dabei auch mit einer neuen Fassade zu versehen. Dafür sollte das Land Berlin langfristig Räume für das Bezirksamt mieten. Mehrmals hatte das Unternehmen gemahnt, das Land Berlin könne als Grundstückspartner nicht einfach das Gebäude aufgeben. Es habe die Verpflichtung, seinen Anteil am Bauwerk in gutem Zustand zu erhalten. Man hoffe, dass bei den laufenden Gesprächen eine vernünftige Lösung gefunden werde, „die den vertraglichen Ansprüchen Rechnung trägt“, heißt es. Andernfalls sei mit juristischen Schritten zu rechnen.

Christian van Lessen

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