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Berlin: Tarifvertrag gerettet – nur Lehrergewerkschaft zögert

Öffentlicher Dienst: Kein Zurück mehr beim Kompromiss zwischen Senat und Arbeitnehmern. Neue Regelungen sollen schon heute in Kraft treten

Der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst ist gerettet, wird aber wohl vorerst nicht für die 4000 angestellten Berliner Lehrer gelten. Senat und Gewerkschaften hatten am späten Abend vor, den Schulbereich erst einmal auszuklammern, da mit der Lehrergewerkschaft GEW keine Einigkeit über die Pflichtstundenzahl für die Pädagogen erzielt werden konnte. Das Thema könnte nachverhandelt werden. Für die übrigen 70 000 Landesbeschäftigten wollten die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, die Polizeigewerkschaft GdP und auch die GEW den Vertrag nachts noch unterzeichnen. Er soll heute in Kraft treten.

Demnach werden die Angestellten und Arbeiter Berlins je nach Tarifgruppe bei Verkürzung der Arbeitszeit auf acht bis zwölf Prozent des Gehaltes verzichten. Dafür wird die wöchentliche Arbeitszeit einheitlich auf 37 Stunden gesetzt, zudem gibt es individuelle Arbeitszeitkonten und zusätzliche freie Tage. Außerdem wird der bundesweite Tarifabschluss vom Januar mit Lohnsteigerungen von 4,4 Prozent in mehreren Schritten übernommen. Darüber hinaus schließt der Senat bis Ende 2009 betriebsbedingte Kündigungen aus.

Von diesen Ende Juni nach langem Streit ausgehandelten Regelungen sind jetzt die Pädagogen zunächst offenbar ausgeschlossen. „Wir können diesen Vertrag für die Lehrer nicht unterschreiben“, hatte die Vize-Chefin der GEW, Rose-Marie Seggelke, am Nachmittag gesagt. Die Lehrergewerkschaft hatte eine Zustimmung davon abhängig gemacht, dass der Senat die im Januar beschlossene Erhöhung der Pflichtstunden von einer halben Stunde (Grundschule) bis zu vier Stunden (Abendschulen) für angestellte und verbeamtete Lehrer zurücknimmt. Dies lehnte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit aus Kostengründen ab. Eine Kompromisssuche blieb ohne Ergebnis. Zwar hätten die angestellten Lehrer bei der allgemeinen Arbeitszeitverkürzung 1,5 Stunden weniger unterrichten müssen. Das reichte der GEW aber nicht. Verbeamtete Lehrer, denen das Urlaubsgeld gestrichen und das Weihnachtsgeld gekürzt wird, werden nach den Vorstellungen des Senats überhaupt nicht in den Genuss einer Stundenreduzierung kommen. Bei den Beamten braucht der Senat nicht die Zustimmung der Gewerkschaften, sondern kann die Arbeitszeit per Verordnung festlegen. Dennoch will die GEW auch darüber weiter verhandeln.

Die Lehrergewerkschaft fordert zudem, die vom Senat zugesagten zusätzlichen 255 Stellen mit Nachwuchskräften zu besetzen, während der Senat Überhangkräfte einsetzen will. Bei Verdi und GdP herrscht wenig Verständnis für das Verhalten der GEW, da auch die Große Tarifkommission der Gewerkschaft Ende Juni diesen Regelungen zugestimmt hat. Auch Klaus Wowereit widerspricht der Auffassung der GEW, dass diese Fakten damals so nicht festgelegt worden seien: „Das war auch in den nächtlichen Verhandlungen klar“, sagte der Regierende Bürgermeister.

Die Gespräche werden jetzt wahrscheinlich wieder aufgenommen, wenn GEW- Chef Ulrich Thöne nächste Woche aus den Ferien zurück ist. Unterdessen sprach gestern der DGB-Vizevorsitzende Bernd Rissmann von „einer unverschämten Abzockerei bei den Beamten“. Er kündigte „Tausende von Klageverfahren“ an.

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