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Nach Entscheidung zur Sicherungsverwahrung: Vier Sexualstraftäter sind demnächst frei

Bis Anfang März könnten vier Schwerkriminelle, die derzeit in Sicherungsverwahrung in der JVA Tegel sitzen, freikommen - mit strengen Auflagen. Die Staatsanwaltschaft kündigt in drei Fällen Beschwerde an.

Das Landgericht entschied jetzt über drei der sogenannten „Altfälle“ von Sexualstraftätern. Die Staatsanwaltschaft will Beschwerde gegen die Entscheidung einlegen. Hintergrund ist die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom Dezember 2009. Deren Richter hatten gerügt, dass die Anordnung der Sicherungsverwahrung nach dem Urteil bei Altfällen gegen die Menschenwürde verstoße.

Eine spezielle Dienststelle beim Landeskriminalamt (LKA) prüft, ob und wie die vier Männer überwacht werden müssen. Es werde „individuell angepasste Maßnahmen“ geben, die aus taktischen Gründen nicht veröffentlicht werden.

Als Erster könnte am 1. Februar unter strengen Auflagen Erhard B. freikommen. Der 58-Jährige wurde 1982 wegen mehrfachen Missbrauchs, Vergewaltigung und Entführung von Kindern zu 14 Jahren Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt. Die Richter urteilten, dass „die Gefahr der Begehung weiterer erheblicher Straften so weit verringert werden konnte, dass es geboten war, die Maßregel für erledigt zu erklären“. Die erfolgreiche intensive psychotherapeutische und medikamentöse Behandlung sowie das hohe Alter des Mannes seien für den Sachverständigen entscheidend gewesen. Die gleiche Prognose gilt für Hans-Lothar W., der am 7. März entlassen werden müsste. Der 66-Jährige wurde 1986 wegen Kindesmissbrauch in Tateinheit mit sexueller Nötigung und Körperverletzung zu sieben Jahren Haft verurteilt. Der dritte Sicherungsverwahrte ist Wolfgang R., der auch wegen Kindesmissbrauchs 1991 zu drei Jahren Haft verurteilt wurde. Seine Strafe soll ab dem 7. März auf Bewährung ausgesetzt werden, da seine Gefährlichkeit „aufgrund der durchlaufenen Therapien“ weit genug verringert worden sei.

Alle drei Männer müssen sich an strenge „Weisungen“ halten. Sie dürfen Berlin nicht verlassen, ohne Bescheid zu geben, müssen sich zwei Mal im Monat bei der Führungsaufsicht und ein Mal beim LKA melden. Drogen und Alkohol sind ebenso verboten wie ehrenamtliche Tätigkeiten, bei denen sie mit Kindern in Kontakt kommen. Von Kitas, Schulen, Jugendwohnheimen sowie Sport- und Spielplätzen müssen sie sich fernhalten. Auch eine therapeutische Behandlung ist vorgeschrieben. Ein Verstoß gegen die Weisungen wird mit Aufhebung der Bewährung beziehungsweise Haft bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe geahndet.

Über einen vierten Fall hat das Gericht bereits vor Wochen entschieden. Die Staatsanwaltschaft nahm ihre Beschwerde dagegen zurück. Jürgen B. wird Ende Februar entlassen. Der 69-Jährige sitzt seit 1969 wegen Totschlags in Haft und ist gesundheitlich schwer angeschlagen. Der Gutachter sah „keine eingeschliffene Gewalttätigkeit“ bei dem „zurückgezogenen Einzelgänger“. Es sei nicht zu erwarten, „dass er nochmals schwerwiegende Straftaten begehen werde“.

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