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Berlin: Vom Ku’damm in den grünen Vorort Pfarrerin von Kekulé wird heute verabschiedet

Neun Jahre war Sylvia von Kekulé Pfarrerin an der Gedächtniskirche. Die 50Jährige zierliche Frau hat am 1.

Neun Jahre war Sylvia von Kekulé Pfarrerin an der Gedächtniskirche. Die 50Jährige zierliche Frau hat am 1. Juli 1995 ihre erste Stelle angetreten, an der Kirche, die weltweit in allen Reiseführern verzeichnet ist. Am heutigen Sonntag wird sie dort mit einem Gottesdienst offiziell verabschiedet. Ganz leicht ist ihr der Wechsel in die Gemeinde nach Hermsdorf nicht gefallen. „Erst im nachhinein habe ich gemerkt, wie vielfältig die Aufgaben am Kurfürstendamm waren. Das hat mir schon sehr gefallen.“

Einerseits war sie für die Charlottenburger da, andererseits die Pfarrerin der Kirche, in die jedes Jahr hunderttausende Touristen kommen. Dazu die Prominenten, die sie beerdigt hat, Günter Pfitzmann zum Beispiel, als sie auf einmal im Blitzlichtgewitter stand. Ob ihr das fehlt, kann sie noch nicht sagen. „Pfarrer stehen immer im Mittelpunkt. Es ist ja nicht so, dass auf einmal die ganze Öffentlichkeit weg wäre.“ Bei ihrem ersten Gottesdienst in Hermsdorf sei die Kirche so voll gewesen, dass die Gesangbücher nicht reichten.

Fragt man sie nach ihrem eindrucksvollsten Erlebnis in den vergangenen Jahren, fallen ihr auch nicht als erstes die Gottesdienste für die Promis ein, sondern die Andachten nach dem Anschlag am 11. September 2001. Die ganze Nacht durch hätten sie im Halbstundentakt zu den herbeiströmenden Menschen gesprochen. Da zeigte sich für Sylvia von Kekulé, wie wichtig die Kirche und die Bibel immer noch sind. „Wenn man keine eigenen Worte findet, weil man trauert oder nicht weiter weiß, dann gibt es da ein ganzes dickes Buch voller Worte, auf die man zurückgreifen kann.“

Dass sie von der Gedächtniskirche weggegangen ist, sei „weder eigen- noch fremd verschuldet“, sagt die gebürtige Neuköllnerin. Nach dem Krieg habe sich die Mentalität entwickelt, man müsse sein ganzes Leben in einer Stellung verbringen. „Darüber haben wir vergessen, wie gut es tut, auch mal etwas anderes zu sehen.“

Nach Jahren mitten am Kurfürstendamm wollte sie nun „zurück zu den Wurzeln“. Weshalb sie das Angebot aus Hermsdorf gerne angenommen und sich nicht deutschlandweit auf eine andere Innenstadtpfarrei beworben habe. Und dass die Mutter von vier Kindern schon immer für Abwechslungen war, zeigt sich an ihrem Lebenslauf: Nach dem Abitur kümmert sie sich in Kanada um Behinderte, fängt ein Latein- und Sportstudium an, wird dann doch erstmal Arzthelferin; während des Theologiestudiums hilft sie drogenkranken Häftlingen in Tegel. „Aber was letztlich aus mir wird, weiß ich noch nicht“, sagt sie. Jetzt ist erst einmal Hermsdorf dran. clk

Der Abschiedsgottesdienst findet statt um 18 Uhr in der Gedächtniskirche.

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