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Berlin: Vom Panzer auf der Brust befreit

Kein Arzt konnte einer sterbenskranken Frau aus der Ukraine helfen – jetzt wurde sie in der Berliner Meoclinic geheilt

Als Lyudmyla Kravchenko die Schmerzen nicht mehr aushielt, schnitt sie sich ihre linke Brust ab. Mit einer ganz normalen Schere. Bei vollem Bewusstsein. Eigentlich war das, was sie da von ihrem Körper trennte, auch gar keine Brust mehr, sondern schwarzes, abgestorbenes Gewebe. Ihre rechte Brust sah ähnlich aus, nur war die tote Hautschicht noch nicht so dick.

Zu diesem Zeitpunkt war Lyudmyla Kravchenko, heute 76 Jahre und aus der Ukraine, so verzweifelt wie noch nie zuvor in ihrem Leben. Erst die Berliner Meoclinic konnte ihr jetzt helfen. Seit Dezember 2006 wurde die sterbenskranke Frau in dem privaten Krankenhaus an der Friedrichstraße behandelt. Am Freitag reist sie zurück in ihre Heimat, wo vor rund zwanzig Jahren alles begann: Damals wurden bei Kravchenko Metastasen in der Brust festgestellt. Sie wurde bestrahlt. Anscheinend viel zu stark, denn 2003 fingen ihre Brüste plötzlich an zu faulen. Eine so genannte verjauchende Strahlennekrose, bei der sich das Gewebe zersetzt.

Es bildeten sich Geschwüre, die zu zerplatzen drohten. Die verfaulende Haut stank so sehr, dass alle Menschen mindestens drei Meter von ihr Abstand hielten. Kravchenko war eine Kranke, die niemand besuchen wollte. Und eine Patientin, der kein Arzt helfen konnte. Die ukrainischen Mediziner gaben ihr lediglich Schmerztabletten. Mehr, so sollen sie gesagt haben, könnten sie nicht tun.

Das wollte die Ingenieurin nicht akzeptieren. Sie suchte Spezialisten in verschiedenen westeuropäischen Ländern auf. Doch Kravchenko war eine ausländische Patientin. Sie brauchte eine komplizierte und zeitaufwendige Behandlung, und die Kosten konnte sie selbst nicht vollständig tragen. Die sterbenskranke Kravchenko bekam oft nicht einmal einen Sprechstundentermin. Wo das war, sagt sie auf Wunsch der Meoclinic nicht.

Als sie fast aufgegeben hatte, machte ihre Tochter weiter. Sie suchte im Internet – und stieß auf die Meoclinic. Heinz R. Zurbrügg, Geschäftsführer und ärztlicher Direktor, und Rolf-Rüdiger Olbrisch, Facharzt für Ästhetische und Plastische Chirurgie, sahen sich die Brüste an. „Ein katastrophaler Fall“, sagt Zurbrügg. Die Meoclinic nahm sie trotzdem auf. Drei Mal wurde Kravchenko hier seit Januar operiert: Zunächst amputierten die Ärzte beide Brüste und beseitigten die Infektion, dann zogen sie das flexible Bauchnetz auf den Brustkorb hoch. Anschließend transplantierten sie Haut von den Oberschenkeln auf die Wunde.

„Es ist ein Gefühl, als ob mir ein schwerer Panzer von der Brust genommen wurde. Endlich kann ich wieder atmen“, sagt Kravchenko. 38 000 Euro kostet ihre Behandlung. Den Großteil zahlt die Meoclinic aus einem neu gegründeten Charity-Fonds. Künftig sollen hiermit schwerkranke, aber finanzschwache Menschen behandelt werden.

Kravchenko ist heute vollständig geheilt und so fit, dass sie sich ihre Lippen rosa malt und lachen kann. Unter ihrem grünen Pullover trägt sie eine Prothese. „Toll, dass ich mit Brüsten nach Hause gehen kann. Auch, wenn es nicht meine eigenen sind“, sagt sie.

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