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Berlin: Von Rüpeln, Rabauken und Schlafittchen

Bodo Mrozek rettet aussterbende Wörter

Wo sind sie geblieben, die Rüpel und Rabauken, die Strauchdiebe und Spitzbuben, die Beutelschneider und Berserker? Man hört nichts mehr von ihnen. Auch die früher so bedrohlichen Rohlinge fristen ihr Dasein heute als friedliche CD-Scheiben, und am Schlafittchen wird man auch nicht mehr gepackt. Ist die Welt besser geworden?

Wohl kaum: Aber viele Wörter, die einst Menschen, Sitten oder auch Kleidungsstücke bezeichneten, gehen verloren. Sie verschwinden aus dem Sprachschatz, ohne dass es uns bewusst wird. Tagesspiegel-Autor Bodo Mrozek allerdings will sie nicht so einfach von der Bühne abtreten lassen: Er sammelt aussterbende Ausdrücke in seinem „Lexikon der bedrohten Wörter“. Soeben ist der zweite Band bei rororo erschienen: Darin erklärt Mrozek mit feiner Ironie, wo die „Pauker“ herkommen, was ein „Meuchelpuffer“ ist und wie eine echte „Matrone“ aussieht. Es sind Wortgeschichten, in denen es um mehr geht als um Lautgebilde: Denn im Aufkommen und Verschwinden von Wörtern spiegeln sich gesellschaftliche Veränderungen. „Im Idealfall“, sagt Mrozek, „ergibt sich daraus so etwas wie eine kleine Geschichte des Alltags oder des privaten Lebens.“

Nicht nur Wörter aus früheren Jahrhunderten faszinieren den 39-jährigen Autor und Journalisten. Er widmet sich auch halb vergessenen Modewörtern jüngeren Ursprungs („dalli“, „Schwedenfilm“, „Butterberg“) oder Wörtern, die es nie so richtig in den Umlauf geschafft haben wie „sitt“ (für nicht mehr durstig). Und bei manchem Wort staunt der Leser, dass Mrozek schon sein Aussterben prognostiziert: Das Wort „Rentner“, so meint er, dürfte sich bald erledigt haben, denn kaum jemand wird mehr nur mit der staatlichen Rente sein Leben bestreiten können. Vielleicht wird dann der heute altertümlich wirkende „Privatier“ wieder zum Leben erweckt?

Im Tagesspiegel-Salon im schönen Grunewalder Löwenpalais liest Bodo Mrozek aus seinem Buch und spricht mit Tagesspiegel-Chefredakteur Lorenz Maroldt über Kruzitürken, Parvenüs und Transusen. Die literarischen Köche von eßkultur servieren dazu Käseigel, Goldhähnchen und Paradiesäpfel. Jazzpianist Matthias Klünder spielt Oldies, die man immer seltener hört – und der Gast, der das schönste bedrohte Wort beisteuert, bekommt einen Preis. D.N.

Zeitung im Salon mit Bodo Mrozek, am Donnerstag, 18. Januar, 19 Uhr 30, im Löwenpalais (Koenigsallee 30-32, Grunewald). Eintritt (inklusive Essen) 12 Euro. Anmeldung ist erforderlich unter Tel.: (030) 26009 609, und zwar am Dienstag, 9. Januar, von 7.30 Uhr bis 20.00 Uhr, die Zahl der Plätze ist begrenzt. Gehen mehr Anmeldungen ein, entscheidet das Los.

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