zum Hauptinhalt

Berlin: Warmes Essen in kalten Zeiten

Die Suppenküche des Pfarramts St.Marien versorgt Obdachlose. Und braucht dringend Geld

Herbert ist der Liebling der fleißigen Helferinnen. Wenn der 78-Jährige mit der dunkelblauen Baseballkappe so verschmitzt lächelt, geben ihm Maria Kreft und Barbara Pirschel schon mal einen Keks extra. Seit zehn Jahren kommt er bereits hierher, seit in Wilmersdorf die Suppenküche des katholischen Pfarramts St.Marien öffnete. Waren es anfangs 20 bis 25 Essen, sind es heute bis zu 80 Mahlzeiten, die hier vier Mal die Woche gereicht werden. Doch der Kirche fällt es immer schwerer, das Geld aufzubringen.

Der Speiseraum im Pfarramt am Bergheimer Platz ist hell, sauber und schlicht eingerichtet, nur ein Kreuz hängt hinten an der Wand und erinnert an den Gastgeber Kirche. Karierte Wachstischdecken liegen auf langen Tischen, an die bis zu acht Personen passen. Langsam füllt sich der Raum. Zuerst dürfen die Älteren und Gehbehinderten rein. Sie holen sich einen Teller mit Buletten, Sauerkraut und Kartoffelbrei und essen still vor sich hin. Nach einer Weile tauen einige auf und erzählen ihre Geschichte. Was schief gelaufen ist in ihrem Leben, und warum sie hierher kommen. Uwe möchte seinen richtigen Vornamen lieber nicht in der Zeitung lesen. „Es gibt wenige wie mich hier, alle würden mich erkennen.“ Seit sechs Jahren isst der diplomierte Dolmetscher regelmäßig in der Suppenküche, da seine Arbeitslosenhilfe nicht reicht. 1994 hat er seinen Job bei der US-Armee verloren, als die aus Berlin abzog. Seitdem ist Uwe arbeitslos. Immerhin hat er ein Dach über dem Kopf, mehr, als Jürgen vorweisen kann. Der ausgebildete Erzieher lebt seit vier Jahren auf der Straße, freiwillig, wie er betont. Aber von den 266 Euro, die er monatlich als Unterstützung erhält, könnte er sich schwer ein Zimmer leisten. Der 45-Jährige sagt, dass es ihm jetzt besser gehe als in seinem früheren Leben, über das er ansonsten schweigt. „Heute bin ich frei“, sagt Jürgen, der alle Bindungen ablehnt. In seinem Rucksack hat er neben einem Buch über Adorno und dem „Tagebuch der Anne Frank“ zwar die Bibel. Dennoch kann er mit Religionen nichts anfangen. Die sind hier am Bergheimer Platz aber sowieso eher Nebensache. Im Mittelpunkt steht die materielle Not der Armen. Sie erhalten zu essen, saubere Kleidung und eine Waschgelegenheit. Der Suppenküchenleiter, Hugo Röck, kennt deren Probleme gut. 1997 wurde der gelernte Koch selbst arbeitslos und hat seitdem keine dauerhafte Anstellung gefunden. Seine Stelle beim Pfarramt bezahlt das Arbeitsamt, befristet auf ein Jahr. Was danach kommt? „Wenn eine Tür zugeht, öffnet sich irgendwo eine andere“, gibt sich Röck zuversichtlich. Jetzt hofft die Gemeinde auf das Geld der Tagesspiegel-Spendenaktion. Denn es wird dringend gebraucht, um die Lebensmittel zu kaufen. Und vielleicht ist ja sogar noch eine kleine Weihnachtsfeier drin.

Spenden an: Spendenverein Der Tagesspiegel e.V., Verwendungszweck: „Menschen helfen!“, Konto-Nr. 250030942, Berliner Sparkasse, BLZ 10050000. Bitte geben Sie Namen und Anschrift komplett an, damit wir Ihnen den Spendenbeleg zuschicken können. Auch Online-Banking ist möglich.

Juliane Schäuble

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false