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Tagesspiegel-Kolumnistin Dr. Elisabeth Binder.

© Tsp

Fallstricke des Alltags: Wie oft darf man Gäste zum Essen drängen?

Einmal in der Woche fragen Sie Elisabeth Binder, wie man mit komplizierten Situationen so umgeht, dass es am Ende keine Verstimmungen gibt: So kann's gehen.

In größeren Abständen lade ich Freundinnen, die ich im Fitnessclub kennengelernt habe, zur Kaffeerunde ein. Ich backe Kuchen und kaufe Gebäck dazu. Eine der Teilnehmerinnen weigert sich jedoch beharrlich, etwas zu essen. Sie nimmt den Kaffee an, aber verschmäht alles Süße. Einmal könnte ich das verstehen, aber immer wieder? Wie soll ich reagieren?

Lara, backfreudig

Sie könnten die Freundin unter vier Augen fragen, ob Sie an der Kaffeerunde, insbesondere an der Kuchenpräsentation etwas verbessern können. Manchmal gibt es überraschende Gründe für seltsames Verhalten, die sollte man vor allem anderen zu eruieren versuchen. Es könnte zum Beispiel eine Allergie sein, die sie nicht öffentlich machen möchte, eine Diät, die sie über einen längeren Zeitraum einhält oder einfach die Unlust, in Gesellschaft zu essen. Selbst wenn sie keinen wirklich einleuchtenden Grund nennt, sollten Sie sie weiter einladen. Dass sie kommt, zeigt ja, dass sie ein Interesse an der Gesellschaft hat.

Es ist schon verständlich, dass es Gastgebern nicht gefällt, wenn ihre Mühen ignoriert werden. Aber die Gastfreundschaft kommt dann erst zur Vollendung, wenn sie das Angebot beinhaltet, nur das anzunehmen, worauf einer wirklich Lust hat.

Aktuell wird diese Haltung häufig im Zusammenhang mit Alkohol diskutiert. Was auch immer jemand für Gründe hat, darauf zu verzichten, niemand sollte dazu gedrängt werden. Natürlich wäre es höflicher, Ihre Backmühen mit einem genießerischen Blick beim Verzehren zu belohnen, aber es gibt keinen Grund, sauer zu sein. Drängen Sie bitte nicht darauf, dass der Gast doch unbedingt ein Stückchen nehmen sollte. Wer zu schüchtern zum Zulangen ist, wird das spätestens nach der zweiten Aufforderung auch tun. Alle anderen möchten gern in Ruhe gelassen werden. Diesem Wunsch nachzukommen, ist auch eine Sache der Toleranz.

Bitte schicken Sie Ihre Fragen mit der Post (Der Tagesspiegel, „Immer wieder sonntags“, 10876 Berlin) oder mailen Sie diese an:

meinefrage@tagesspiegel.de

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