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Korrruptionsverdacht: Zehlendorf droht Kita mit Räumung

Das Grundstück war dem Bezirk zu gemeinnützigen Zwecken vermacht worden. Nun will Zehlendorf die Kita darauf schließen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Bestechung.

Das hatten sich Herr und Frau Mehnert anders gedacht, als sie ihr Haus samt riesigem Grundstück dem Bezirk Zehlendorf vererbten. Ihre Immobilie sollte ausschließlich gemeinnützig genutzt werden, verfügte das Ehepaar – doch am kommenden Freitag will der Bezirk den dort seit 1988 existierenden Kindergarten vom Gerichtsvollzieher räumen lassen.

Obwohl Herr Mehnert die beiden Flurstücke seines Grundstücks eigens im Grundbuch hatte verschmelzen lassen, um sicherzustellen, dass der 1600 Quadratmeter große Garten als Ganzes erhalten bleibt, teilte der Bezirk das Grundstück wieder und verkaufte den 606 Quadratmeter großen Obstgarten 2006 an einen Nachbarn. Zuvor hatte der Bezirk das Testament neu interpretiert. Die soziale Bindung sei entfallen, der Wille des Erblassers untergegangen, so der Befund. Auf den Willen der Witwe komme es nicht an.

Der Nachbar Olaf S. bekam das Grundstück obendrein zum Schnäppchenpreis – es wurde nach Angaben des Elternvereins der Kita rund 100 000 Euro unter Wert verkauft. Der Verein als Mieter der Räume und des Gartens wurde vom Verkauf nicht einmal informiert. Für Olaf S., einen Mann aus der Filmbranche, war der Kauf die Rettung. Er hatte sein eigenes Grundstück nach Angaben der Finanzverwaltung viel intensiver als zulässig bebaut – der Kita-Verein erhebt den Vorwurf, dies sei offenbar mit Duldung des Zehlendorfer Baustadtrats Uwe Stäglin (SPD) geschehen. Nun gab es zwei Möglichkeiten: Abriss oder Zukauf von Land. Mit dem Zukauf des Obstgartens konnte S. das Verhältnis von bebauter und nicht bebauter Fläche wenigstens annähernd legalisieren.

„Es ist unglaublich, mit welcher Energie Stadtrat Stäglin den Grundstücksbesitzer S. untersützt“, sagt Percy McLean, Verwaltungsrichter und Vorstandsmitglied im Verein „Weg der Mitte“, der die Kita betreibt. Selbst das Wertgutachten war mit dem Bezirk abgesprochen, bestätigte später die Senatsfinanzverwaltung. Die Staatsanwaltschaft ermittelt inzwischen wegen Korruptionsverdachts in dem Grundstücksverkauf sowohl gegen S. als auch gegen den Wertgutachter.

Die angedrohte Räumung aber konnte die Kita aber trotz aller Ungereimtheiten nicht abwenden. Der Bezirk klagte und gewann im Juli vor dem Landgericht. Doch das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. „Wir haben Berufung eingelegt“, sagt MacLean. „Wenigstens diese Entscheidung könnte man abwarten, zumal der Bezirk keine Pläne für eine weitere Nutzung hat.“ Erhoben hat die Räumungsklage übrigens der Anwalt von Olaf S. im Auftrag des Bezirks.

Kürzlich hat Transparency International sich in einer Studie mit der Korruptionsverhütung in den Berliner Bezirken beschäftigt. Zehlendorf bekam dabei eine schlechte Note.

Fatina Keilani

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