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Wenn es darauf ankommt, wird aus der Gästerunde ein Sologast, so bei der Holocaust-Überlebenden Margot Friedländer.

© ZDF/Markus Hertrich

15 Jahre „Markus Lanz“: Eine Frage auf jede Antwort

Wie sich die Talkshow von der Belustigung des Publikums zu dessen Bereicherung wandelte.

Das hätte sehr böse enden können. Markus Lanz war 2008 mit „Markus Lanz“ im ZDF gestartet. Ein bunter Abend, mit Prominenz, Trallala und Hopsassa, im Anfangsjahr nur 29 Sendungen. Daraus wurden mehr, ein gewisser Erfolg stellte sich ein, was den Sender und seinen Moderator auf eine verwegene Idee brachte: Markus Lanz wurde Moderator von „Wetten, dass..?“, der größten und erfolgreichsten Show im Zweiten.

Desaster mit „Wetten, dass..?“

Ein Desaster, und was als solches 2012 begann, vertiefte sich bis 2014. Lanz hatte sich zur Lachnummer gemacht, er stolperte durch die Show, nirgendwo fand er Halt. Nach zwei Jahren Erkenntnis durch Einsicht, war Schluss. Der Moderator war beschädigt, eigentlich stand er vor der Frage: Mache ich Schluss mit dem Fernsehen und werde in meiner Heimat Südtirol Skilehrer?

Wurde er nicht, Lanz fühlte sich herausgefordert. Der Antrieb, sich selbst und damit allen Kritikerinnen und Kritikern etwas zu beweisen, war größer. Und seine Talkshow hatte als Nebenwirkung des „Wetten, dass..?“-Debakels an Aufmerksamkeit gewonnen. Die 124 Sendungen dienstags, mittwochs und donnerstags 2014 erreichten im Schnitt 1,42 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer und 12,9 Prozent Marktanteil.

Gescheitert: Markus Lanz 2014 in der ZDF-Show „Wetten, dass..?“

© dpa/David Ebener

Beide Parameter legten in den Jahren danach zu, in dem Ausmaß, wie sich die Sendung wandelte. „Markus Lanz“ wurde vom Gesellschaftstalk hin zur politischen Talkshow fokussiert. Es galt, Substanzielles zu vermitteln, Relevantes durch das einzige Instrument des Formates, durch das Gespräch mit den einzelnen der zumeist vier Gästen, zu liefern. Analysieren, informieren, orientieren, in diesem Dreieck bewegen sich die 75 Minuten.

Nun folgt der Zuspruch zu den Talkshows der Konjunktur der Themen. Die Corona-Pandemie beförderte Karl Lauterbach zum Dauergast (und zum Bundesgesundheitsminister?), die Bundestagswahl 2022 ließ den konservativen Kandidaten Armin Laschet erst bei „Markus Lanz“ stolpern und dann an der Urne scheitern lassen, der Ukraine-Krieg, die tiefgreifenden gesellschaftlichen Umwälzungen und globalen Krisen haben es weder an Themen noch an Gästen fehlen lassen.

Aber der Talk will nicht in erster Linie eine reine Polit-Prominenten-Schau sein. Ob die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer oder der an Covid erkrankte Autor dieses Artikels - wer ad personam für ein Thema einstehen konnte, der wurde und wird ins Hamburger Studio eingeladen. Die Konzentration auf die Gesprächssituation wurde noch gesteigert, seitdem die akribisch vorbereitende Redaktion und der Moderator auf Studiopublikum verzichteten.

Stärke und Schwäche

Sicherlich ist es eine besondere Stärke (manche werden auch sagen: Schwäche) von Markus Lanz, dass er insbesondere bei den Politikerinnen und Politikern wie ein Lügendetektor agiert, auf jede Antwort mit einer Frage reagiert. Ausweichen, entwischen ist nicht. Hat der Mann, hat die Frau einen festen Wesenskern oder nur eine angenommene Haltung?

Natürlich merken die Profis, ob ein Moderator zuckt oder wankt, dann wird das stante pede ausgenutzt. Also wankt Markus Lanz nicht und er zuckt nicht. Selten, sehr selten wird die berühmte rote Linie überschritten, wird das Persönliche zu persönlich.

Das alles bekommt der Moderator mit eigener Produktionsfirma gespiegelt, insbesondere bei Twitter, wo es Reaktionen, Lob und Tadel hagelt nach jeder der mittlerweile 1.812 produzierten Sendungen seit 15 Jahren, seit dem 3. Juni 2008.

Das hat er geschafft, der Markus Lanz: Eine Talksendung aus einer Belustigung des Publikums in eine Bereicherung des Publikums zu verwandeln.

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