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© dpa

Mode: Prêt-à-porter in Paris: Das geht drunter und drüber

Die Pariser Prêt-à-porter-Schauen lassen die Unterwäsche als Oberbekleidung wieder aufleben.

Wenn Designer Unterwäsche zur Hauptbekleidung für den nächsten Sommer ausrufen, ist das meistens nicht sonderlich subtil zu verstehen: Es geht um möglichst viel mediale Aufmerksamkeit. Gleich zwei große Pariser Designer – John Galliano für Dior und Jean Paul Gaultier – stellten bei der noch bis Donnerstag dauernden Pariser Prêt-à-porter-Woche Büstenhalter und Schlüpfer in den Mittelpunkt ihrer Kollektionen. Bei Gaultier hat man das schon einmal in den späten Achtzigern gesehen – an der Popdiva Madonna, die in fleischfarbenen Korsagen mit spitzen BH-Tüten für ein wenig Provokation auf der Bühne sorgte.

Ähnliche Konstruktionen gab es auch an diesem Wochenende bei Gaultier in Paris zu sehen – aus Satin, Leder und ein wenig zu hemdsärmelig, verbunden mit Latzhosen aus Jeansstoff. Der Designer hatte mit eng geschnürten Miedergürteln, Strapsen und halterlosen Strümpfen das gesamte Repertoire eines gut sortierten Miederwarengeschäfts aufgefahren. Und um das Ausgezogensein noch ein wenig deutlicher zu gestalten, gab es dazu Leggins mit aufgedruckten Muskelsträngen.

Manche Designer reduzieren die Stoffmenge, manche lassen Stoff kollabieren

Mit einem Pistolenknall begann die Schau von John Gallino für Christian Dior. Dann betraten Lauren-Bacall-Look-alikes den Laufsteg – rote Lippen, wallende Haarmähne und knappe Trenchcoats, so fest in der Taille zusammengeschnürt, als dürfte das Darunter auf keinen Fall sichtbar werden. Manchmal lugten dann doch Knickerbockers aus Satin mit durchbrochener Spitze oder der zarte Rock eines Seidennegligés hervor.

Die amerikanische Schauspielerin Lauren Bacall war vor langer Zeit Kundin von Dior und besuchte mit ihrem Mann Humphrey Bogart regelmäßig den Pariser Salon. Fotos von diesen Besuchen hatten Galliano zu der Kollektion inspiriert.

Die Kombination des Film Noir und Boudoir war neu in dieser Saison, Unterwäsche allerdings kam schon im Juli bei der Haute-Couture-Schau von Dior vor und nicht nur viele seiner Kollegen ließen sich jetzt davon anstecken. Auch Galliano selbst scheint nicht genug von Korsagen, Satin-BHs und transparenten Hängerchen zu bekommen. Die Jacketts und Mäntel waren dann alles andere als schlüpfrig, sondern eher handfestes klassisches Dior-Design. Galliano holte sich, als Humphrey Bogart verkleidet, in Trenchcoat und tief ins Gesicht gezogenem Filzhut, viel Applaus ab.

Davon bekam auch Alber Elbaz genug. Obwohl er seine Kollektion für Lanvin nicht wie alle anderen unter dem Louvre oder mit Blick auf den Eiffelturm mitten in Paris zeigte, sondern in den Randbezirken der Stadt. Der israelische Designer brachte eine Disziplin zur Vollendung, an der sich viele seiner Kollegen in dieser Saison schon versucht haben: So viel Stoff wie möglich zu verwenden, ohne dass das Kleidungsstück aussieht, wie eine drapierte Riesengardine. Elbaz ließ, wie er es nannte, „Stoff kollabieren“. Er wickelte Chiffon, Leder und feinen Seidenstoff diagonal über den Körper und machte daraus Overalls und kleine Kleider. Das wirkt dann erstaunlich konzentriert. Auch weil sich viele Designer an nur einem Kleidungsstück pro Model versuchten. Das unübersichtliche Übereinanderschichten von verschiedensten Materialien und Kleiderformen scheint erst einmal passé zu sein. Stattdessen haben sich die Designer auf die Suche nach der größtmöglichen Klarheit gemacht – und sind auf BH und Schlüpfer gestoßen. Weniger geht nicht.

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