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Geflüchtete aus der Ukraine stehen mit ihrem Gepäck vor den Gebäuden eines Flüchtlingsheims in Köln.

© dpa/Henning Kaiser

Nur ein Prozent der Opfer identifiziert: OSZE beobachtet dramatischen Anstieg von Menschenhandel durch Ukraine-Krieg

Mit 25 bis 27 Millionen Opfern von Menschenhandel weltweit rechnet die OSZE jährlich. Häufig sei organisierte Kriminalität im Spiel.

Durch den Krieg in der Ukraine haben offenbar die Fälle von Menschenhandel stark zugenommen. Wie die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) mitteilte, hat die weltweite Online-Suche nach sexuellen Dienstleistungen und pornografischen Darstellungen durch ukrainische Frauen und Kinder seit Beginn des Krieges um bis zu 600 Prozent zugenommen.

„Auch der Handel mit schwangeren Frauen ist seit Beginn des Krieges deutlich gestiegen“, sagte OSZE-Generalsekretärin Helga Maria Schmid der „Welt“.

Die Opfer von Sexualdelikten würden im Netz mit falschen Versprechungen geködert, in privaten Unterkünften in Aufnahmeländern missbraucht oder aber direkt an der Grenze von verdeckt arbeitenden Menschenhändlern abgefangen. „Häufig ist die organisierte Kriminalität im Spiel. Diese skrupellosen Kriminellen treffen dann auf Menschen, die hilfsbedürftig sind, Geld verdienen müssen, die Sprache im neuen Land nicht sprechen und häufig auch vom Krieg traumatisiert sind.“

25 bis 27 Millionen Opfer pro Jahr

Im Anstieg des Menschenhandels zeigten sich wirklich tiefe Abgründe, sagte die deutsche Spitzendiplomatin. Schmid betonte zudem, dass der weltweite Menschenhandel insgesamt stark gewachsen sei: „Wir gehen mittlerweile von 25 bis 27 Millionen Opfern pro Jahr aus, und davon landen leider nur 10.000 Fälle jährlich bei den Strafverfolgungsbehörden.“

Weniger als ein Prozent der Opfer könnten überhaupt nur identifiziert werden. „Es gibt also bei Menschenhandel weitgehend Straffreiheit für die Täter“, sagte die OSZE-Generalsekretärin.

Dabei hätten sich die jährlichen Gewinne aus Menschenhandel in den vergangenen 15 Jahren verfünffacht auf 150 Milliarden Dollar im Jahr. „Wäre der Menschenhandel ein Land, so würde es bei der Wirtschaftsleistung weltweit auf Platz 55 liegen“, erklärte Schmid. Neben sexueller Ausbeutung gebe es auch einen immer stärkeren Trend zu Zwangskriminalität, Zwangsbettelei und Scheinehen.

Nachdrücklich sprach sich Schmid gegen die Forderung des ukrainischen Außenministers Kuleba aus, Russland aus der OSZE auszuschließen. „Ich halte es jedenfalls aus heutiger Sicht für sinnvoll, dass Russland weiterhin Mitglied in der OSZE bleibt“, sagte Schmid. An einem Tisch zu sitzen bedeute ja nicht, „diplomatische Freundlichkeiten“ auszutauschen.

„Eines Tages werden wir auch wieder Gesprächskanäle brauchen. Und die OSZE ist die einzige Sicherheitsorganisation, in der alle an einem Tisch sitzen, die für die europäische Sicherheitsarchitektur von Bedeutung sind.“ Anders als der Europarat verfügt die OSZE zudem nicht über einen Suspendierungsmechanismus, über den man Russland ausschließen könnte (KNA)

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