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Russische Soldaten bedienen eine Kanone (Symbolfoto).

© imago/ITAR-TASS/IMAGO/Russian Defence Ministry

„Sie sind nur Fleisch“: Einblicke in die russischen „Storm Z“-Strafeinheiten

Sie bestehen zum großen Teil aus Strafgefangenen, aber es werden auch Soldaten zugeteilt, die Disziplinarverstöße begangen haben. Kämpfer berichten von „albtraumhaften Gefechten“.

Im April dieses Jahres hatte das US-Think-Tank „Institute for the Study of War“ berichtet, dass russische Kommandeure spezialisierte Einheiten in Kompaniestärke innerhalb wichtiger Frontformationen aufbauen, um die schwindende Kampfkraft der russischen Einheiten zu verstärken.

Diese „Storm Z“-Kompanien würden außerhalb der konventionellen Truppenstruktur gebildet und bestünden offenbar aus neu rekrutierten Reservisten, hieß es damals. Eine offizielle Bestätigung des Kremls darüber gab es aber nicht.

Nun gibt die Nachrichtenagentur Reuters Einblicke in diese Einheiten, die sich demnach aus ehemaligen Strafgefangenen und Soldaten, die sich Vergehen zuschulden haben kommen, zusammensetzen. Reuters sprach mit 13 Personen, die mit der Angelegenheit vertraut sind, darunter fünf Kämpfer der Einheiten. Das russische Verteidigungsministerium reagierte nicht auf eine Anfrage zur Stellungnahme zum Bericht.

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Die etwa 100 bis 150 Mann starken Strafeinheiten wurden laut dem Bericht in der Regel in die am stärksten gefährdeten Teile der Front geschickt und erlitten oft schwere Verluste. Drei der befragten „Storm Z“-Kämpfer und Verwandte von drei weiteren berichteten der Nachrichtenagentur von „albtraumhaften Gefechten“, bei denen ein Großteil ihrer Truppen ausgelöscht wurde.

Die „Storm Z“-Kader seien für das russische Verteidigungsministerium nützlich, weil sie als entbehrliche Infanterie eingesetzt werden können, sagte die in Russland gegründete, unabhängige Organisation Conflict Intelligence Team der Nachrichtenagentur. „Die Storm-Kämpfer werden einfach an die gefährlichsten Stellen der Front geschickt, zur Verteidigung und zum Angriff.“

„Sturmkämpfer sind nur Fleisch“, sagte ein Soldat, der im Mai und Juni in der Nähe von Bachmut in der Ostukraine eingesetzt war, Reuters. Er habe eine Gruppe von sechs oder sieben „Storm Z“-Kämpfern an der Front medizinisch versorgt. Den Befehl eines Kommandanten, die Männer sich selbst zu überlassen, habe er missachtet. Der Mann sprach von einem typischen Beispiel dafür, dass diese Einheiten für die Offiziere weit weniger wertvoll angesehen würden als normale Truppen.

Alkoholmissbrauch, Drogenkonsum, Befehlsverweigerung

Sträflinge bildeten laut dem Bericht den Kern der Strafkommandos, aber auch einige reguläre Soldaten wurden als Strafe für Disziplinverstöße den Einheiten zugewiesen. „Wenn die Kommandanten jemanden mit Alkoholgeruch im Atem erwischen, schicken sie ihn sofort zu den Sturmtruppen“, sagte ein Soldat. Auch Drogenkonsum und Befehlsverweigerung gehörten demnach zu den Verstößen, die entsprechend geahndet würden.

Nach russischem Recht kann ein Soldat eigentlich nur dann in eine Strafeinheit versetzt werden, wenn er von einem Militärgericht verurteilt wurde. Die Personen, von denen Reuters Erkenntnis erlangte, hätten aber alle kein Gerichtsverfahren erhalten.

Reuters ging auch einem Video nach, dass die Gruppe Gulag.net Ende Juni veröffentlicht hatte. Darin beschwerte sich eine Gruppe von etwa 20 „Storm Z“-Kämpfern darüber, wie sie behandelt wurden, und weigerte sich, wieder an die Front zurückzukehren. „Wir bekamen weder Wasser noch Lebensmittel. Die Verletzten wurden nicht abtransportiert, die Toten verrotten noch immer“, sagte einer von ihnen in dem Video. Die Nachrichtenagentur konnte zwei Kämpfer aus dem Video identifizieren und sprach mit Verwandten, was mit diesen geschehen sei,

Nach der Veröffentlichung des Videos hatten demnach Militärpolizisten die beiden Kämpfer und andere aus der Gruppe zur Strafe für den Aufstand verprügelt. Die Männer hätten gesagt, dass sich die Bedingungen seitdem verbessert hätten, aber sie nicht wüssten nicht, wann sie das Militär verlassen dürften. (Tsp)

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