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Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine.

© dpa/Efrem Lukatsky

Ukraine-Invasion Tag 707: Mit wem Selenskyj seinen Armeechef ersetzen wollte

Bei einem Drohnenangriff wurde eine Ölfabrik in St. Petersburg getroffen. Die EU räumt ihr Scheitern bei der Munitionsbeschaffung für Kiew ein. Der Nachrichtenüberblick am Abend.

Gerüchte über einen Machtkampf zwischen dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und dem Oberbefehlshaber der Armee, General Walerij Saluschnyj, gibt es schon lange. Über den Machtkampf hatten wir erst gestern ausführlich berichtet (den Text können Sie hier nachlesen). Auch mehrere ausländische Medien hatten dann heute Morgen berichtet, Selenskyj habe Saluschnyj feuern wollen, dann aber einen Rückzieher gemacht (siehe auch unsere Nachrichten weiter unten).


Die Nachrichtenagentur Reuters will nun erfahren haben, wer Saluschnyj eigentlich ersetzen sollte. Wie Reuters auf seiner Website schreibt, soll der Kommandeur der ukrainischen Bodentruppen, Oleksandr Syrskyj, gefragt worden sein, ob er den Job übernehmen wolle. Dieser habe das Angebot aber abgelehnt, sagte eine mit der Angelegenheit betraute Person der Nachrichtenagentur. Eine Stellungnahme vom ukrainischen Generalstab und vom Präsidialamt habe es dazu nicht gegeben.

Wie es in dem Bericht weiter heißt, sei auch in ukrainischen Medien der Name Syrskyj als möglicher Nachfolger genannt worden – und der des Chefs der Militärspionage, Kyrylo Budanov.

Saluschnyj genießt in der Ukraine eine große Popularität sowohl unter den Soldaten als auch in der Bevölkerung. Der 50-Jährige war wenige Monate vor dem russischen Einmarsch in die Ukraine Oberbefehlshaber der Armee geworden. Unter seinem Kommando hielten die ukrainischen Truppen der Invasion stand und eroberten sogar besetzte Gebiete zurück. Politische Ambitionen, die ihm aufgrund dessen nachgesagt worden waren, hatte er dementiert.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages:

  • Bei einem Drohnenangriff wurde Medienberichten zufolge eine Ölfabrik in der nordwestrussischen Millionenstadt St. Petersburg getroffen. „Nach der Explosion sind drei leere Zisternen in Brand geraten, die schnell gelöscht werden konnten“, berichtete das regionale Internetportal Fontanka.Ein Überwachungsvideo einer nahegelegenen Busstation soll den Moment des Einschlags zeigen. St. Petersburg liegt mehr als 1000 Kilometer von der Grenze zur Ukraine entfernt. Das russische Militär hat den Angriff bislang nicht kommentiert, berichtete allerdings zeitgleich über eine abgewehrte Drohnenattacke auf die benachbarte nordwestrussische Region Pskow. Mehr dazu lesen Sie hier.
  • Die EU hat ein Scheitern ihrer ehrgeizigen Pläne für die Belieferung der Ukraine mit Artilleriegeschossen eingeräumt. Von der in Aussicht gestellten Menge von einer Million Schuss werde man bis März voraussichtlich nur etwas mehr als die Hälfte geliefert haben, erklärte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Rande eines Verteidigungsministertreffens in Brüssel.
  • Die Ukraine und Russland haben erneut gegenseitige nächtliche Luftangriffe gemeldet. Nach Angaben der ukrainischen Luftwaffe feuerte Russland mindestens 20 Angriffsdrohnen aus iranischer Produktion sowie drei Raketen auf ukrainisches Gebiet ab, von denen über ein Dutzend von Luftabwehrsystemen abgefangen wurden. In der von Russland kontrollierten ostukrainischen Region Donezk wurden nach Angaben der pro-russischen Behörden mindestens zwei Zivilisten bei einem ukrainischen Drohnenangriff getötet.
  • Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj soll übereinstimmenden Medienberichten zufolge versucht haben, Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyj zu entlassen. Auf Druck der USA und Großbritanniens sowie hochrangiger Militärs habe Selenskyj diese Entscheidung rückgängig machen müssen, berichtete die „Times“. Der „Guardian“ meldete unter Berufung auf Oppositionsabgeordnete, der Präsident habe Saluschnyj am Montag zum Rücktritt aufgefordert, was dieser jedoch abgelehnt habe. Mehr dazu lesen Sie hier.
  • Das russische Unterhaus hat einen Gesetzentwurf verabschiedet, demzufolge die Behörden Geld und Eigentum von verurteilten Kritikern der russischen Armee beschlagnahmen dürfen. Wie der Vorsitzende der Staatsduma, Wjatscheslaw Wolodin, mitteilte, geht die einstimmig verabschiedete Vorlage nun ins Oberhaus, bevor sie dann mit der Unterschrift von Präsident Wladimir Putin in Kraft tritt.
  • Nach einer viel beachteten Unterschriftenkampagne hat der russische Kriegsgegner Boris Nadeschdin nun offiziell seine Zulassung als Kandidat für die Präsidentenwahl am 17. März beantragt. Der 60-Jährige brachte persönlich mehrere Kartons mit den für eine Kandidatur benötigten 105.000 Bürgerunterschriften zum Sitz von Russlands zentraler Wahlkommission in Moskau. Mehr dazu lesen Sie hier.
  • Das russische Verteidigungsministerium teilt mit, ein Gefangenen-Austausch, der auf jeder Seite 195 Soldaten betraf, sei abgeschlossen worden. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bestätigt die wechselseitige Übergabe gefangener Soldaten, gibt allerdings die Zahl der ukrainischen Heimkehrer mit 207 an. „Unsere Leute sind wieder zu Hause“, schreibt das Staatsoberhaupt auf Telegram.
  • Kurz vor dem EU-Sondergipfel in Brüssel hat Bundeskanzler Olaf Scholz die EU-Partner mit dem Hinweis auf die Situation in den USA aufgefordert, der Ukraine mehr Waffen zu liefern. Es sei „ganz wichtig, dass wir eine breitere europäische Unterstützung hinbekommen“, sagte der SPD-Politiker in der Generaldebatte über den Bundeshaushalt 2024 im Bundestag. „Es kann nicht alleine an Deutschland hängen“, fügte Scholz hinzu. Er wolle bewusst keine anderen EU-Länder für mangelnde Hilfsleistungen für die Ukraine vorführen, sondern setze auf Einsicht.
  • Bei einer internationalen Konferenz in Riga wollen Vertreter verschiedener Staaten und Organisationen über das Schicksal ukrainischer Kinder diskutieren, die während des Krieges illegal nach Russland gebracht worden sind. Bei dem zweitägigen Treffen soll es darum gehen, wie Russland für die Umsiedlung von Kindern aus besetzten Gebieten in der Ukraine zur Rechenschaft gezogen werden kann.
  • Deutschland will in diesem Jahr weitere 10.000 Soldaten aus der Ukraine ausbilden. Verteidigungsstaatssekretärin Siemtje Möller sagte in Brüssel, das Training solle wie im vergangenen Jahr im Rahmen der europäischen Ausbildungsmission EUMAM erfolgen. Für Deutschland sei klar, dass man weiter fest an der Seite der Ukraine stehe. Über die EU-Mission wurden bislang rund 40.000 ukrainische Soldatinnen und Soldaten in der EU ausgebildet.
  • Den in Thailand inhaftierten Mitgliedern einer Kreml-kritischen russisch-belarussischen Rockband droht ihre Abschiebung und Strafverfolgung in Russland. Die Band Bi-2 müsse bei einer Rückkehr nach Russland mit „Verfolgung“ rechnen, warnte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW).
  • Die ukrainischen Streitkräfte erhalten von den USA eine neuartige Gleitbombe, die für Angriffe über längere Distanzen eingesetzt werden kann. Das berichtet das US-Magazin „Politico“unter Berufung auf Informationen von Beamten des US-Verteidigungsministeriums. Demzufolge soll der Waffentyp bereits am morgigen Mittwoch in der Ukraine ankommen. Mehr dazu im Newsblog.

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