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Seidentapisserie aus Kaschan, Iran, aus dem 16. Jahrhundert aus dem Nachlass von Alfred Cassirer.

© Rippon Boswell Wiesbaden

Aus dem Nachlass von Alfred Cassirer: Museum für Islamische Kunst erwirbt Seidentapisserie

Für über eine Million Euro hat sich das Berliner Museum kurz vor seiner sanierungsbedingten Schließung einen Kaschaner Teppich aus dem 16. Jahrhundert gesichert.

Eine spektakuläre Neuerwerbung ist dem Museum für Islamische Kunst kurz vor der sanierungsbedingten Schließung am 23. Oktober gelungen: Eine Seidentapisserie aus Kaschan aus dem 16. Jahrhundert konnte für das Museum, das ohnehin für seine Teppichsammlung international berühmt ist, erworben werden.

Die Seidentapisserie stammt aus dem Nachlass des jüdischen Kunstsammlers und Industriellen Alfred Cassirer (1875-1932). Der Ankauf wurde dadurch möglich, dass die Kaufsumme von 1,1 Millionen Euro nicht allein von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz aufgebracht werden musste, sondern die Ernst von Siemens Kunststiftung (mit 330 000 Euro) und die Kulturstiftung der Länder (mit 270 000 Euro) einen erheblichen Beitrag stifteten.

Außergewöhnliche Qualität und Farbigkeit

Ein Glücksfall für Direktor Stefan Weber: „Die Seidentapisserie ist von außergewöhnlicher Qualität und Farbigkeit, ein ganz besonderes Stück, sie hat für uns in aber auch einen hohen emotionalen Wert.“ Die Alfred-und-Eva-Cassirer-Stiftung schenkt dem Museum darüber hinaus sieben Keramikobjekte und acht weitere Teppiche.

Die Seidentapisserie hat für uns auch einen hohen emotionalen Wert. 

Stefan Weber, Direktor des Museums für Islamische Kunst

Das Museum für Islamische Kunst hatte in den zwanziger Jahren Sammler wie Cassirer beim Erwerb von Teppichen beraten, auch in der Hoffnung, dass das ein oder andere Stück im Museum bleiben könne. Ernst Kühnel, Direktor des außerhalb der islamischen Welt einmaligen Museums, hatte selbst ein Faible für Teppiche.

In Cassirer fand er einen großzügigen Verbündeten. Denn dieser erwarb wirklich erlesene Stücke wie eben jene Seitentapisserie aus Kaschan, der Hochburg der persischen Teppichkunst. Diese alten, hochwertigen Stücke wurden in Persien direkt für den Export oder als diplomatische Geschenke gefertigt, eine vergleichbare Qualität war in Europa nicht zu bekommen.

Osmanische und chinesische Einflüsse

Dieses Prachtstück aus dem 16. Jahrhundert gehört zu den kostbarsten Teppichgruppen der Welt, seine Seidengarne wurden zusätzlich mit Gold- und Silberfäden umwickelt. Eine dunkelblaue Bordüre, die ihrerseits wieder von zwei Seiten von einem feinen Ornamentband gefasst ist, gibt den Rahmen für ein prächtiges symmetrisches Bild aus blauen, türkisfarbenen und roten Blumen und Ornamenten ab, die osmanische und chinesische Einflüsse verraten. Hier zeigt sich kulturelle Vielfalt in einem Kunstobjekt.

Die iranische Seidentapisserie betont auch die Bedeutung der deutsch-jüdischen Sammler und Sammlerinnen im frühen 20. Jahrhundert sowohl für das Museum als auch für die gesamte Islamische Kunst.

Martin Hoernes, Generalsekretär der Ernst von Siemens Kunststiftung. 

Als 1932 das Museum für Islamische Kunst im neuen Pergamon-Museum eröffnet wurde, hat Cassirer seine Teppichsammlung dem Museum als Leihgabe überlassen, ohne das aber juristisch korrekt zu fixieren. Nach seinem Tod 1932 ging die Sammlung von 30 Teppichen in den Besitz seiner Tochter Eva über. 1934 wurde die Sammlung von den Nationalsozialisten teilweise zerschlagen, verkauft und im Museum eingelagert. Erst nach dem Tod von Eva Cassirer 2009 wurden die restlichen 14 Teppiche der Erbengemeinschaft 2012 zurückgegeben.

Mitarbeiterinnen des Museums für Islamische Kunst enthüllen die kostbare Seidentapisserie aus dem 16. Jahrhundert aus Kaschan, die nun auch offiziell der Sammlung des Museums gehört. 

© Rolf Brockschmidt

Nach langen Verhandlungen von SPK und Museum mit der Erbengemeinschaft haben die Ernst von Siemens Kunststiftung und die Kulturstiftung der Länder mit ihrer großzügigen Unterstützung den Ankauf dieses ikonischen Meisterwerkes jetzt möglich gemacht. „Die iranische Seidentapisserie erhält nun nicht nur einen festen Platz in der Sammlung, in der sie schon lange Jahre gezeigt wurde, sondern betont auch die Bedeutung der deutsch-jüdischen Sammler und Sammlerinnen im frühen 20. Jahrhundert sowohl für das Museum als auch für die gesamte Islamische Kunst“, sagt Martin Hoernes, Generalsekretär der Ernst von Siemens Kunststiftung.

Damit wird gerade auch an die zahlreichen jüdischen Sammler und Mäzene erinnert, die den Aufbau des Museums für Islamische Kunst unterstützt hatten. „Die angekaufte Tapisserie ist ein Kulturgut nationalen Ranges“ ergänzt Markus Hilgert, Generalsekretär der Kunststiftung der Länder. Bis zum 23. Oktober ist die neue Seidentapisserie im Safawiden-Raum in der Teppichsammlung des Museums für Islamische Kunst zu sehen.

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