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Kultur: Die Kunst der Fuge

Muß man noch eine Lanze brechen für Clara Schumann, geb.Wieck, als Komponistin?

Muß man noch eine Lanze brechen für Clara Schumann, geb.Wieck, als Komponistin? Dem von ihr selbst noch akzeptierten Vorurteil, Frauenzimmer könnten nicht komponieren, wird sich heutzutage keiner mehr anschließen wollen.Nichts Unentschlossenes haftet dem grandiosen Klaviertrio in g-Moll aus dem familiären Unglücksjahr 1846 an.Robert allein mag geahnt haben, wie die von ihm mitverschuldeten Umstände Clara in ihrer kompositorischen Kreativität einschränkten.Wie mit Flügeln behaftet hätten sich die Töne von den Instrumenten losreißen und kräftig aufschwingen können, aber das Novalis-Trio im Kleinen Saal des Schauspielhauses spielte zu gepflegt, zu zaghaft, mit zu engem Bogen, das Scherzo zu wenig scherzando, das Andante zu eingeweicht, die Fuge zu unsauber verfugt.Die von Clara gemeinte Verrätselung der Musik, die ihr klangliche Autonomie verleiht, hätte nur in romantischer Ausschweifung passieren können, aber lediglich der Pianist schwelgte in seinem gut in der Hand liegenden Part.Vermutlich hätten drei leidenschaftliche Frauen dieses Werk angemessener dargeboten.Die Männer des Novalis-Trios hatten sich aber auch durch zwei für Trio adaptierte Mendelssohnsche "Lieder ohne Worte" eingangs nicht wirklich freigespielt, klebten zu sehr am Notentext.

Mozart quälte das Vorurteil, keine Fugen schreiben zu können.Dieser kontrapunktische Schwitzkasten war genau das Gegenteil dessen, was ihm an kunstvoller Natürlichkeit vorschwebte.Zusätzlich verhext waren ihm Fugen, weil Konstanze sie liebte, so daß sie oft nicht fertig werden wollten und er ihre heimliche Vollendung seinen Schülern überließ.1782 katalysierte Mozart dieses Problem durch klangexperimentelle Bearbeitung Bachscher Klavierfugen zu vierstimmigen Streichersätzen mit durchbrochener Stimmführung.Das Brandenburgische Streichquartett spielte die fünf überlieferten Arbeiten so dezent und dynamisch ausgefeilt, daß das Fugenmuster nicht zu Tode geritten, sondern neuen, nicht minder wohltemperierten Möglichkeiten zugeführt wurde."Einen Jux will er sich machen" könnte über der Pseudofuge Mozarts im vierten Satz des ersten, Joseph Haydn gewidmeten Streichquartetts in G-Dur stehen.Nur wurden die spaßhaften Auflösungen der drohenden Fugato-Gebärden nicht so kontrastierend gespielt, wie der Witz Mozarts es eigentlichgeboten hätte.Überhaupt ging die Spielweise dieses Streichquartetts zu stark in Richtung stillvergnügt, man sollte aber die dämonischen Anwandlungen Mozarts gerade in manchem "Menuetto" überschriebenen Satz nicht unterschätzen.

PETER SÜHRING

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