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Terminator

© dpa

Nach 9/11: Terminator: Zähe Helden braucht die Welt

Erlösung in der Zeitschleife: Im vierten "Terminator" kämpft Christian Bale gegen Maschinen. In einer düsteren Nach-9/11-Szenerie ruft der Film nach Helden - auch schon in Vorausschau auf das nächste Sequel.

Der Mensch, der Maschine ist und als Agent Provocateur losgeschickt wird: Das ist ein uralter Topos seit Fritz Langs „Metropolis“. Schon seine Maschinenfrau, der erste Roboter der Filmgeschichte, trug die Züge der von Brigitte Helm gespielten Heldin Maria und sollte die Menschen der Unterwelt zur unheilbringenden Rebellion aufwiegeln. Der Seitenwechsel gehört auch beim Terminator-Mythos zur Grundidee: Schon der von Arnold Schwarzenegger verkörperte T-800 schlug sich in „Terminator 2 – Der Tag der Abrechnung“ auf die Seite von Sarah und John Connor, im Kampf gegen sein Nachfolgemodell T-1000. In „Terminator 3 – Rebellion der Maschinen“ gehörte er endgültig zum alten Eisen.

In „Terminator – Die Erlösung“ von dem Regisseur mit dem seltsamen Kürzel McG (als Abkürzung für Joseph McGinty Nichol), der die mit „Terminator 3“ 2003 beendete Trilogie nun für weitere Fortsetzungsfolgen öffnet, hat Arnie nur noch einen computeranimierten Gastauftritt. Der Gouverneur von Kalifornien stand als Darsteller nicht mehr zur Verfügung und wandelt nur einmal als aus den alten Aufnahmen geklonter Prototyp athletisch nackt durchs Bild.

Er fehlt allerdings auch nicht wirklich. „Terminator – Die Erlösung“ entwirft eine apokalyptische Endzeitwelt, in der für Schwarzenegger und seinen zuletzt immer stärkeren Hang zur Selbstironisierung kein Raum mehr ist. Es ist Krieg, in diesem Film, der so deutlich die Züge des Nach-9/11-Amerika trägt und in dem die US-Armee beratend tätig war: Das Land braucht Helden und wird sie auch in zehn Jahren noch brauchen.

Erst recht, wenn es, nach der Logik von Science-Fiction-Filmen, unentrinnbar in einer Zeitschleife gefangen ist. Denn weder ist „Terminator 4“ ein klassisches Sequel, ein Fortsetzungsprodukt, noch ein in letzter Zeit so beliebtes Prequel. Von „Star Wars“ bis „Star Trek“, von „X-Men“ bis „James Bond“ ist es bei auserzählten Stoffen üblich geworden, in neuen Folgen die Vorgeschichte nachzuliefern. „Terminator 4“ hingegen ist ein „In-Between-quel“, wenn es denn so etwas gäbe: Eine Fortsetzung, die zwischen den Zeiten spielt, die gleichzeitig vor- und zurückspringt. Weder ist die böse Macht des Skynet schon so ausgefeilt wie in den ersten „Terminator“-Folgen, die zehn Jahre nach der jetzigen angesiedelt sind, noch spielt der Film in der damaligen Gegenwart, zu Lebzeiten Sarah Connors. Das heißt für die Hauptfiguren: Sarah Connor ist tot, John Connor (neubesetzt mit „Batman“-Star Christian Bale) ist erwachsen, und sein Vater, jener Kyle Reese (Anton Yelchin, gerade bekannt durch den neuen „Star Trek“-Film), den er in „Terminator 1“ zurück in die Vergangenheit schicken wird, um seine Mutter zu retten, ist noch ein pubertierender Knabe und weiß von nichts.

Zurück in die Zukunft: Es ist das Jahr 2018, der „Tag der Abrechnung“ ist vorbei, die Erde wüst und leer. Los Angeles liegt in Trümmern, das Land ist verbrannt wie nach einem Nuklearschlag und das Wetter immer schlecht. Wenige überlebende Menschen vegetieren dahin und versuchen, sich mittels völlig überalterter technischer Hilfsmittel wie schrottreifer Autos und Radios neu zu formieren: „Wenn Sie das hören, gehören Sie zum Widerstand“, verkündet John Connor über Funk. Die Chancen allerdings stehen schlecht, angesichts der technischen Übermacht von Terminatoren, Hunter-Killern, Dronen und Monstermaschinen wie dem Harvester, der die Menschen einfängt, um sie in die Skynet-Zentrale zu verbringen.

Der Krieg auf Leben und Tod, mit unzureichenden Mitteln gegen eine kaum einzuschätzende Übermacht – eine Antwort auf die Mission Impossible, die sich die USA in Afghanistan und Irak aufgeladen haben? Doch McGs „Terminator – Die Erlösung“ weckt noch ganz andere Assoziationen: Die gefangenen Menschen, die im Harvester wie im Viehwagon transportiert werden und ahnunglos zur Schlachtbank der Endverwertung geführt werden – Holocaust-Bilder, die hier evoziert werden, und die den Diskussionen über den notwendigen Widerstand, die im Wagon geführt werden, einen perfiden Unterton verleihen. Es gibt keinen Widerstand gegen die Übermacht – bis auf John Connors Versprechen: „I’ll be back“.

Christian Bale gibt den Weltenretter als asketische Kämpfernatur, zäh und ledern und auf der Flucht vor den eigenen, besseren Instinkten. Dass dem Herzen nicht zu trauen sei, ist die letzte, zynische Umdrehung, die sich Skynet für das neue Terminator-Modell ausgedacht hat. Es ist der Killer wider Willen: Ein zur Maschine umgebauter Mensch, der immer noch glaubt, auf Seite der Guten zu stehen und daher zu einer besonders wirksamen Waffe wird. Der Kampf des Maschinenkörpers gegen das Menschenherz, und die böse Ahnung, dass selbst die bessten Absichten vom Feind für seine Zwecke programmiert sein könnten – daraus bezieht die Figur des menschlichen Terminators Marcus Wright (Sam Worthington) seine Tragik – und der Film seine Fallhöhe.

Doch das Bestehen auf der Einzigartigkeit menschlicher Gefühle wirkt im Rahmen der Reproduktionslogik der „Terminator“-Produzenten reichlich zynisch. Da hat der ehemalige Straftäter Marcus Wright, der dem Todesurteil einst durch eine Körperspende an die Wissenschaft entging und in Folge zum Terminator umgebaut wurde, am Ende die Chance auf eine zweite Chance: Er darf den Tod wählen, um Mensch zu bleiben. Und der Cliffhanger geht über diesen stolzen Entschluss zur Einzigartigkeit eiskalt hinweg und verspricht: Es werden weitere Kämpfe und weitere Kriege kommen. Neue Maschinen. Und neue Helden. Und weitere Filme natürlich. He will be back.

Christina Tilmann

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