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Szene aus Ayşe Polats „Im toten Winkel“, der bei den Lolas als bester Film nominiert ist.

© Mitosfilm

Kolumne „Mehrwert“, Folge 25: Gleichstellung im Schneckentempo

Frauen als Regisseurinnen? In der Filmbranche geht es nur zäh voran mit der Quote. Ein paar Zahlen im Vorfeld der Filmpreis-Gala und ein Vorausblick auf das Filmfest in Cannes.

Eine Kolumne von Christiane Peitz

2080 ist es endlich geschafft. Nach Berechnungen des „Lab Femmes de Cinéma“ ist dann die 50-Prozent-Quote bei der Filmregie in Europa erreicht – wenn es so weitergeht wie jetzt. Der französische Think-Tank erhebt jährlich Zahlen und stellte zuletzt fest, dass an Europas Filmschulen zwar Fifty-fifty studiert wird und bei knapp einem Viertel der Erst- und Zweitfilme Frauen Regie führen. Ab dem dritten Werk sinkt die Zahl jedoch auf 15 Prozent.

Auch werden Regisseurinnen schlechter bezahlt als die Männer, bekommen seltener Stipendien und Filmvorführungen. Das entspricht anderen Studien. Einer US-Erhebung zufolge zeichneten 2023 bei 16 Prozent von 250 Blockbuster-Produktionen Frauen für die Regie verantwortlich, zwei Prozent weniger als im Vorjahr.

Der Branchenbericht „Re-Framing the Picture“, vorgestellt auf der Berlinale, konstatierte mit Blick auf die Kreativposten (Regisseur:innen, Drehbuchautor:innen, Produzent:innen), dass die Gleichstellung sich seit 2013 zwar verbessert hat, die Top-Positionen in Deutschland aber nach wie vor zu Dreivierteln männlich besetzt sind. In Großbritannien sind es noch mehr.

Mal sehen, was der Mai bringt: Am 3. Mai werden die Deutschen Filmpreise vergeben. Von den sechs nominierten Werken für den besten Film stammen zwei von Frauen, „Im toten Winkel“ von Ayşe Polat und „Elaha“ von Milena Aboyan. Polat konkurriert mit zwei Kollegen auch um die beste Regie. Ein Drittel, immerhin. Auch wenn Matthias Glasners „Sterben“ wohl die Hauptpreise (und 500.000 Euro Fördergelder) davontragen wird.

Beim Filmfest Cannes, das am 14. Mai eröffnet, sind für den Wettbewerb um die Goldene Palme bislang 19 Filme annonciert, vier von Regisseurinnen. Letztes Jahr waren es sechs (so wie zuletzt auch auf der Berlinale): Die Quote ist an der Croisette wieder auf die Viertelmarke gesunken.

Aber die Chancen stehen gut, dass es nicht beim Schneckentempo bleibt: „Barbie“ von Greta Gerwig hält den Zuschauerrekord 2023, die jüngsten Palmen und Goldbären gingen an Frauen (Justine Triet, Mati Diop), Cannes hat seit 2022 erstmals eine Präsidentin und die Berlinale mit Tricia Tuttle erstmals eine Solo-Chefin. Wäre doch gelacht, wenn es, so die „Re-Framing“-Rechnung, etwa in Kanada tatsächlich bis 2215 dauert, bis die Kreativquote erreicht ist.

Christiane Peitz schreibt in dieser Kolumne regelmäßig über Diskriminierung und Frauenrechte.

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