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Der Regisseur Michael Verhoeven erhält den Ehrenpreis während einer Gala anlässlich der Verleihung des Bernhard Wicki Filmpreises „Die Brücke“ im Cuvillies-Theater in München.

© dpa/Ursula Düren

Liebe ohne Leiden: Zum Tod von Filmemacher Michael Verhoeven

Arzt, Mann von Senta Berger, vor allem aber ein guter, engagierter und unbequemer Filmregisseur: Michael Verhoeven ist im Alter von 85 Jahren gestorben. Ein Nachruf.

Im Grunde ist Michael Verhoeven sein Beruf in die Wiege gelegt worden. Als Sohn des Regisseurs, Schauspielers und Autors Paul Verhoeven und der Schauspielerin Doris Kiesow stand er schon in jungen Jahren auf der Bühne und vor der Kamera.

Im Alter von elf Jahren spielte er in München den Anton in der Theateradaption von Erich Kästners „Pünktchen und Anton“, seine erste Filmrolle hatte er 1954 in „Das fliegende Klassenzimmer“, und Regie führte er dann erstmals 1962 am Tübinger Zimmertheater.

Verhoevens Antikriegsfilm „O.K.“

Trotzdem reizte es ihn, aus den vorgegeben Familienbahnen auszubrechen, ein bisschen Rebellion war sicher mit dabei: Verhoeven studierte Medizin, arbeitete danach als Arzt an Münchener Universitätskliniken. In dieser Zeit drehte er einen Film, der vielleicht noch mehr mit ihm verbunden bleiben wird, insbesondere in der Filmgeschichte, als seine späteren Erfolge wie das Geschwister-Scholl-Biopic „Die weiße Rose“, „Enthüllung einer Ehe“ oder die Geflüchteten-Komödie „Willkommen bei den Hartmanns“: der Vietnam-Antikriegsfilm „O.K.“.

Senta Berger, Michael Verhoeven und ihr Sohn Simon Verhoeven bei der Verleihung des Jupiter Award 2017

© IMAGO/Eventpress/Eventpress via www.imago-images.de

Dieser Film sorgte 1970 bei der Berlinale für einen Skandal, weil sich der damalige Jurypräsident George Stevens vor den Kopf gestoßen fühlte. Stevens drohte den experimentellen, als episches Theater im Bayrischen Wald inszenierten Film wegen seiner vermeintlich antiamerikanischen Invektiven aus dem Programm zu nehmen.

Michael Verhoeven und seine Frau Schauspielerin Senta Berger 2018 bei Premiere des Films „Grüner wird’s nicht, sagte der Gärtner und flog davon“.

© dpa/Ursula Düren

Nachdem das deutsche Jury-Mitglied Manfred Durniok aus demselben Grund die Jury verlassen hatte und es gleichermaßen zu Tumulten und Solidaritätskundgebungen kam, brach die Jury auseinander und die Berlinale ging 1970 ohne eine Preisverleihung über die Bühne.

Verhoeven: Das ist doch der Mann von Senta Berger!

Drei Jahre später gab Verhoeven seinen Arztberuf auf und konzentrierte sich nach dem Fernsehfilm „Ein unheimlicher starker Abgang“ auf seine Arbeit als Regisseur. Zu diesem Zeitpunkt war er schon lange mit Senta Berger verheiratet, eine Ehe, die nie auseinanderbrach und ähnlich wie der Film „O.K.“ wegen der Berühmtheit und des Glamours seiner Frau stets mit Verhoeven assoziiert wird: Das ist doch der Mann von Senta Berger!

Verhoeven hatte kein großes Problem damit, bekannte allerdings in einem Gespräch, das der „Spiegel“ 2007 mit ihm und Berger führte, dass sie zumindest nicht mehr gemeinsam Bahn fahren würden, das mache er nur noch allein: „Kaum sitze ich, habe ich schon mein Laptop. Niemand stört mich. Aber wenn ich mit Senta reise, werden wir ständig beobachtet. Das kann ich nicht aushalten. Da denke ich, was habe ich bloß? Flecken auf dem Hemd? Deshalb machen wir Zugreisen nicht mehr zusammen.“

Wenn ich mit Senta reise, werden wir ständig beobachtet. Das kann ich nicht aushalten. Da denke ich, was habe ich bloß? Flecken auf dem Hemd? Deshalb machen wir Zugreisen nicht mehr zusammen.

Michael Verhoeven in einem Gespräch mit dem „Spiegel“ 2007

Leben ließ sich damit gut, drehen sowieso. Und arbeiten taten Berger und er ebenfalls zusammen nach der Gründung ihrer gemeinsamen Produktionsfirma Sentana: „Willkommen bei den Hartmanns“, der von ihrem Sohn Simon Verhoeven inszeniert wurde, ist eine Sentana-Produktion.

Verhoeven war immer ein politischer und unbequemer Regisseur. Er setzte sich mit dem Nationalsozialismus genauso intensiv auseinander (beispielsweise „Mutters Courage“, nach einer Tabori-Erzählung) wie mit der deutsch-deutschen Geschichte und der Wende, unter anderem mit dem Film „Schlaraffenland.“

Für „Mutters Courage“ erhielt er denn auch den Internationalen Filmpreis in Jerusalem, und neben anderen Auszeichnungen bei der Berlinale, der Goldenen Kamera und dem Bayerischen Filmpreis wurde ihm auch das Bundesverdienstkreuz verliehen. Nun ist Michael Verhoeven nach kurzer, schwerer Krankheit gestorben. Er wurde 85 Jahre alt.

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