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Kultur: Massentötung von Rindern: "Unerträgliche Form von Grausamkeit"

Was würden Verantwortliche tun, wenn eine neue, bislang noch recht unerforschte Krankheit sich in der Bevölkerung eines Landes ausbreitete? Sie würden versuchen, die Menschen davor zu schützen.

Was würden Verantwortliche tun, wenn eine neue, bislang noch recht unerforschte Krankheit sich in der Bevölkerung eines Landes ausbreitete? Sie würden versuchen, die Menschen davor zu schützen. Und sie würden versuchen, den Erkrankten zu helfen. Deren Leben zu bewahren und Schaden abzuwenden wäre für alle eine selbstverständliche Pflicht. Rinder sind zwar keine Menschen. Doch Lebewesen sind sie auch. Einzelne von ihnen sind von einer tödlichen Krankheit, einem tödlichen Virus befallen; menschliches Handeln hat das verursacht.

Leben zu bewahren und Schaden abzuwenden, wäre auch hier eine selbstverständliche Pflicht. Statt dessen sollen wegen eines BSE-Falls in Sachsen-Anhalt über 1000 Tiere getötet werden. Der Präsident des Bauernverbandes, Gerd Sonnleitner, gibt gleich 400 000 Tiere zum Abschlachten frei, zur "Marktbereinigung", wie er sagt. Das ist eine unerträgliche Form von Grausamkeit.

Dies zeigt unzweideutig, dass Rinder nicht als Lebewesen, sondern ausschließlich als Handelsware angesehen werden. Wer aber keinen Respekt vor dem außermenschlichen Leben hat, verneint die Verbindung zur Schöpfung im Ganzen, der auch die Menschen angehören. Man sollte nicht einwenden, dass die Rinder ja ohnehin geschlachtet würden und dass sie nur dafür ja aufgezogen würden. Denn in der Tat sehen sich viele Menschen durch die jüngste Entwicklung dazu veranlasst, auf das Essen von Fleisch ganz zu verzichten oder es doch weitestgehend zu reduzieren. Aber man braucht nicht Vegetarier zu sein, um massenhaftes Abschlachten zur Marktbereinigung ekelhaft zu finden.

Wenn wir noch einen Grund brauchten, um von der industriellen Tierhaltung Abschied zu nehmen, dann haben wir ihn jetzt.

Wenn die Folgen dieser Art von Agrarindustrie nur duch massenhaftes Abschlachten bewältigt werden können, dann kann diese Form von Nahrungsmittelproduktion nach meiner Überzeugung nicht fortgesetzt werden.

In diesen Tagen eröffnet der ökumenische Rat der Kirchen eine Dekade zur Überwindung der Gewalt. Die Ereignisse dieser Tage geben dazu Anlass, nicht nur über Gewalt gegenüber Menschen nachzudenken, sondern auch über Gewalt an Tieren. Sie muss abgebaut werden. Zwei Aufgaben haben in meinen Augen jetzt Vorrang. Da wäre erstens: die rückhaltlose Aufklärung der Ursachen für BSE. Dazu gehört natürlich auch, diese Ursachen gründlich zu beseitigen.

Zweitens: Es muß sichergestellt werden, dass kein infiziertes Fleisch in den Handel gelangt. Darauf sollten sich die Bemühungen der Verantwortlichen jetzt konzentrieren.

Wolfgang Huber

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