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Meinung: Ein Blick von außen

„Freiheit und Heuchelei – Tunesien und Europa" vom 18. Januar Völlig zu Recht kritisiert Tissy Bruns, dass „der Westen“ sich entgegen seinen propagierten Werten um die sozialen und moralischen Zustände unter Beutediktaturen wie Tunesien nicht gekümmert hat, solange diese Regime Stabilität, Terrorabwehr und „Marktwirtschaft“, also Ausbeutungsfreiheit, garantierten.

„Freiheit und Heuchelei – Tunesien und

Europa" vom 18. Januar

Völlig zu Recht kritisiert Tissy Bruns, dass „der Westen“ sich entgegen seinen propagierten Werten um die sozialen und moralischen Zustände unter Beutediktaturen wie Tunesien nicht gekümmert hat, solange diese Regime Stabilität, Terrorabwehr und „Marktwirtschaft“, also Ausbeutungsfreiheit, garantierten. Aber warum macht Tissy Bruns mit ihrer Kritik vor der eigenen Tür halt? Müsste in eine ernsthafte Reflexion über diese Heuchelei nicht auch die Zunft der Journalisten einbezogen werden? Wie viele kritische Analysen zum Mafia-Regime Ben Alis waren denn in den Jahrzehnten seiner Herrschaft im Tagesspiegel und in anderen Qualitätsblättern zu lesen? Was haben denn die Auslandskorrespondenten gemacht in diesen vielen Jahren? Man weiß ja auch aus Untersuchungen, dass deren soziale Kontakte im Land meist äußerst selektiv, von Bequemlichkeit bestimmt und herrschaftskonform sind. Erfreulich finde ich deshalb, dass der „Tagesspiegel“ heute schon zum vierten Mal das Tagebuch einer mutigen und klugen 24-jährigen Lehrerin aus Tunesien weitergibt, aus dem ich als Leser viel mehr über die Zustände im Lande lerne als aus den Berichten der Korrespondenten.

Prof. Dr. Bodo Zeuner,

ehem. Journalist, ehem. Professor für

Politikwissenschaft,

Berlin-Tempelhof

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