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Lorenz Maroldt

© Kai-Uwe Heinrich

Auf den Punkt: Hertha statt Böller

Lorenz Maroldt über einen geheimen Rettungsplan

Was machen eigentlich die Berliner Bundestagsabgeordneten zur Zeit so? Also, Gregor Gysi hat gerade in einem Schauprozess seinen Geschäftsführer politisch hingerichtet, sein Parteifreund Steffen Liebich sucht immer noch sein Büro und wartet auf die Visitenkarten. Renate Künast hungert sich für die Grüne Woche fit und macht einen großen Bogen ums Rote Rathaus. Swen Schulz - ach, lassen wir das. Frank Steffel? Oh, da tut sich was! Der Kennedy von der Spree, Motto: ick bin ein Herthaner, hat einen so dermaßen super geheimen Rettungsplan für Hertha geschrieben und an gleich sechs Multiplikatoren geschickt, dass es ihn doch glatt auf die erste Seite der "BZ" geschossen hat. "21 Millionen gegen den Abstieg", für "hochkarätige Verstärkungen" - hat Steffel etwa seinen Teppichladen an die Scheichs verkauft?

Ach was. Steffel bietet kein Geld an, sondern "Rat und Tat", der vermeintliche Rettungsplan ist eine "Ideensammlung", und die ist so geheim wie der Name des Vereins, um den es geht, weil der Kerngedanke in einer Kampagne besteht, bei der es darauf ankomme, "eine weitreichende Medienunterstützung zu mobilisieren". Und wofür? Dafür, dass die ohnehin schon gebeutelten Mitglieder klaglos je 100 Euro zusätzlich in neue brasilianische Schweizer mit polnischem Pass und beidseitigem Knorpelschaden stecken, die Sponsoren für denselben Zweck noch mal zehn Prozent mehr abdrücken und die Spieler zehn Prozent weniger verdienen, Hertha keine Miete mehr fürs Olympiastadion zahlen muss, die Zuschauer ihren Becherpfand an den Manager spenden, tausend Berliner je tausend Euro im Mittelkreis vergraben, dreißigtausend Berliner je eine Dauerkarte für die Rückrunde und ein T-Shirt kaufen und schließlich eine Million Berliner für je fünf Euro eine SMS mit dem Stichwort "Hertha statt Böller" verschicken - Moment mal: Böller? Ja, zum Jahreswechsel, steht da im Kleingedruckten. Zum vergangenen Jahreswechsel, um genau zu sein.

O je. Aus. Vorbei. Auch das. Der Brief stammt vom 17. Dezember. Es muss sich um einen Wunschzettel handeln, der dem Weihnachtsmann in Reinickendorf vom Schlitten gerutscht ist. Darin steht auch, bis wann die Millionen zum Kauf neuer Spieler im Kampf gegen den Abstieg verwendungsreif zusammen sein sollen: im Juni 2010. Nach der Saison.

"Der Brief, der Hertha retten soll" - wäre er doch bloß im Schnee verschwunden. Aber jetzt verstehen wir immerhin, warum Steffel ihn nach "BZ"-Angaben "heimlich" geschrieben hat.

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