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KONTRA Punkt: Im Morganaland

Wer regiert das Saarland? Eine Frage für politische Feinschmecker

Wenn es darum geht, ein Modell zu begründen, kann das Saarland gar nicht groß genug sein; wenn es darum geht, eines zu beerdigen, ist es nicht klein genug.

Schwarz-Grün-Gelb, die Fata Morgana der deutschen Politik, seit das nach einer Bundestagswahl die einzige Alternative zu einer unerwünschte Koalition von Union und Sozialdemokraten war, hatte ein paar Jahre später im Saarland tatsächlich Gestalt angenommen.

Aber was für eine! Flankiert von einem dubiosen Obergrünen, dem die eigene Partei nicht über den Weg traut, und ein paar Liberalen, die der Zufall ins Parlament gebracht hatte, regierte der amtsmüde christdemokratische Ministerpräsident Peter Müller noch so lange weiter, bis er ins Bundesverfassungsgericht wechseln konnte. Hätten die vier Liberalen im Saarländischen Parlament nicht das getan, was bei ihnen üblich ist, also sich so lange zu zoffen, bis das Licht ausgeht, wäre der Name Annegret Kramp-Karrenbauer wohl der Öffentlichkeit weitgehend verborgen geblieben. Seit sie, die Nachfolgerin Müllers, aber die Modell-Koalition aufgekündigt hat, dreht sie ein kleines bisschen mit am Rad der Bundespolitik.

Das Aus der farbeuphemistisch „Jamaika“ genannten Koalition wird von Union und FDP im Bund auf Saarlandniveau herunter diskutiert, also auf 1,1 Millionen Einwohner. Wie es aber weitergeht mit der Regierung dort, das bekommt angesichts etwas turbulenterer Umstände in der Bundespolitik, die vor allem mit den Namen Wulff und Rösler verbunden sind, eine weitaus größere Bedeutung, als dem zwar strukturschwachen, aber doch einigermaßen gemütlichen Wohlfühlzipfel im Südwesten der Republik angemessen ist. Dabei geht es vor allem um die Frage, ob eine weitere Koalition von Union und Sozialdemokraten, nachdem diese sich bereits vor ein paar Wochen überraschend in der Berliner Landespolitik zusammen getan hatten, eine Sogwirkung auf die Verhältnisse im Bund bekommt. Zugleich würde das einen kleinen Trend bestärken, nämlich den, dass Grüne und Liberale als Koalitionspartner derzeit für CDU und SPD eher schwierig sind. Vor den Ereignissen in Saarbrücken und Berlin war mit dem Bruch der Koalition in Hamburg ein anderes Modell, das schwarz-grüne, an ein vorläufiges Ende gekommen.

Der interessierte Bundesblick nach Saarbrücken hat auch mit einem Gespenst zu tun, das dort umgeht, und das auf den Namen Oskar Lafontaine hört. Dessen Linkspartei ist der SPD dort bei der vergangenen Wahl so nahe gekommen, dass dessen Vorsitzender Heiko Maas vor Schreck lieber gar nicht regieren wollte als mit seinem früheren Parteifreund und Förderer. Jetzt könnte es Maas doch noch gelingen, am Kabinettstisch zu sitzen, als stellvertretender Ministerpräsident.

Doch ob ihm das etwas nutzte? So oder so wird es nicht allzu lange dauern, bis auch im Saarland wieder zu wählen ist; eine mit der CDU regierende SPD aber ist der Linken als Wahlkampfgegner am liebsten. Ein entfesselter Lafontaine könnte auch in der Bundespolitik einige in Unruhe versetzen. Mehr aber auch nicht.

Dass die entnervte CDU-Ministerpräsidentin ihren Koalitionspartner FDP just in dem Moment vor die Tür setzte, als in Stuttgart Philipp Rösler beim Dreikönigstreffen zu jener Rede ansetzte, die ihn über die nächsten Monate retten sollte, haben die einen als gezielten unfreundlichen Akt gewertet, als Zeichen gar, dass auch in Berlin die Liberalen bald die Regierung verlassen müssen. Mag sein, dass es tatsächlich so kommt – mit dem Saarland aber hat das dann nichts zu tun. Wenig ist unwichtiger für die Bundespolitik als das, was gerade im Saarland passiert, Lafontaines Performance-Möglichkeiten einmal beiseite gelassen.

Eine große Koalition im Saarland ist kein Vorbote einer ebensolchen Koalition im Bund und wäre eine zufällige Koinzidenz. Keine große Koalition ist ebenso wenig bedeutsam für das, was in Berlin passiert. Wie im Saarland regiert wird und von wem: Mon Dieu, das ist lokalpolitische Folklore, etwas für Feinschmecker – wie das ganze kleine Land.

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