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GASTBEITRAG: Keine Angst vor der WM in Südafrika!

In einem Jahr blickt die Welt nach Südafrika. Die meisten Europäer bringen den Staat am Kap mit schwerer Gewalt in Verbindung. Doch die Angst davor ist es nicht wert, sich das Land und die Weltmeisterschaft entgehen zu lassen.

Der Confed-Cup ist vorbei und bis zur Fußball-Weltmeisterschaft ist es nicht mal mehr ein Jahr. Die Welt wird dann auf Südafrika schauen und sich die Frage stellen: Kann das Land ein solches Großereignis stemmen? Und was kann schiefgehen?

Die meisten Menschen denken in Verbindung mit Südafrika zuerst an eines: Kriminalität. Auch für die Südafrikaner selbst ist das ein großes Thema, niemand leugnet dort das Problem. Aber heißt das auch, dass Südafrika für die Weltmeisterschaft nicht reif ist? Die Antwort ist: ein klares Nein!

Nachrichten aus Afrika sind fast immer negativ: Hyperinflation in Simbabwe, Völkermord in Darfur, überall Korruption, HIV, Elend. Europäern, die nie in Afrika waren oder mit einem Afrikaner gesprochen haben, kann man nicht vorwerfen, dass sie glauben, Südafrika sei kaum in der Lage, eine internationale Meisterschaft auszurichten. Schließlich sind selbst in südafrikanischen Zeitungen, im Fernsehen und im Radio schwere Verbrechen allgegenwärtig.

Aber woher kommt die Gewalt? Das Argument, Armut erzeuge Verbrechen, erklärt hier wenig. Es gibt viel ärmere Länder als Südafrika, in denen aber weniger passiert. In vielen Entwicklungsländern zum Beispiel ist die soziale Ungleichheit größer als am Kap, trotzdem denkt man im Zusammenhang mit ihnen nicht sofort an Mord und Totschlag.

Ein Grund für das Gewaltproblem liegt in der tragischen und einzigartigen Geschichte Südafrikas, ein zweiter Grund im Versagen der gewählten Regierung. Über Jahrzehnte konnten viele Südafrikaner Dinge wie Respekt, Macht und Wohlstand nur durch Gewalt erzwingen.

Der Gedanke, dass sich Verbrechen lohnen könnten, ist immer noch weit verbreitet. Während aber zu Zeiten der Apartheid hauptsächlich Armut und Verzweiflung über den Staat zu Gewaltbereitschaft führten, gilt heute, dass viele Südafrikaner schlicht frustiert sind und sich dabei auch noch sagen können: „Jeder andere tut es ja auch.“

Diese Kultur des Verbrechens muss ein Ende haben. Denn schon jetzt verlassen viele qualifizierte Südafrikaner das Land, weil sie sich nicht mehr sicher fühlen. Diejenigen Wohlhabenden, die bleiben, leben mit einer Art paranoider Wagenburgmentalität – inklusive höherer Elektrozäune, dickerer Mauern, besserer Überwachungskameras. Im Ergebnis führt das zu einer noch größeren Trennung zwischen Armen und Reichen. Es entsteht eine gefährliche Stimmung, ein Klima, in dem willkürliche Verdächtigungen von Außenstehenden gedeihen, die mitunter zu fremdenfeindlichen Exzessen führen.

Die südafrikanische Polizei ist schlecht ausgerüstet, sie kann nicht mit den Verbrechern Schritt halten. Davon haben viele Sicherheitsfirmen profitiert, die aber nur in begrenztem Maß für Ruhe und Ordnung sorgen können. Erst durch die Fußball-Weltmeisterschaft könnte sich das ändern. Der Staat versucht wieder, selbst für die Sicherheit zu garantieren.

Während der Reichtum Südafrikas nun theoretisch allen, auch den Schwarzen, zugänglich ist, bleibt er praktisch immer noch in der Hand von wenigen. Auch nach dem Übergang zur Demokratiue wurde kaum etwas dafür getan, die große Ungleichheit im Land erfolgreich zu bekämpfen. Die meisten Südafrikaner haben letztlich kaum Rechte.

Oft wird aber vergessen, dass sich auch die meisten Südafrikaner ein normales, friedliches Leben wünschen. Kein Land ist perfekt. Jeder, der schon mal in Südafrika war, wird es bestätigen können: Die Angst vor der Gewalt ist es nicht wert, sich das Land und die Weltmeisterschaft entgehen zu lassen. Die Freude ist in Südafrika geradezu greifbar. Nicht ohne Grund findet dieses Event ausgerechnet am Kap statt – Südafrika hat die Weltmeisterschaft verdient und die Fifa weiß das.

Der Autor kommt aus Südafrika, ist Stipendiat des Internationalen Journalistenprogramms und hospitiert beim Tagesspiegel. Aus dem Englischen übersetzt von Hannes Heine.

Dave Durbach

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