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PORTRÄT SELMIN CALISKAN NEUE AMNESTY-CHEFIN:: „Militäreinsätze schützen nicht die Frauenrechte“

Nach all den Schlagzeilen um ihre Vorgängerin ist es nicht ganz unverständlich, wenn sich die neue Spitzenfrau erst einmal in Schweigen hüllen will. Und so ist ihrem offiziellen Lebenslauf vorerst nur das Entscheidende zu entnehmen: dass nämlich Selmin Caliskan, die künftige Generalsekretärin von Amnesty International Deutschland, für ihr künftiges Amt die besten Voraussetzungen mitbringen dürfte.

Nach all den Schlagzeilen um ihre Vorgängerin ist es nicht ganz unverständlich, wenn sich die neue Spitzenfrau erst einmal in Schweigen hüllen will. Und so ist ihrem offiziellen Lebenslauf vorerst nur das Entscheidende zu entnehmen: dass nämlich Selmin Caliskan, die künftige Generalsekretärin von Amnesty International Deutschland, für ihr künftiges Amt die besten Voraussetzungen mitbringen dürfte. Die 46-Jährige hat jahrelang praktische Erfahrungen in der Arbeit mit Verfolgten in Afrika und Asien gesammelt und sie ist eine erfahrene Lobbyistin und Öffentlichkeitsarbeiterin. Für die Frauenhilfsorganisation „medica mondiale“ war Caliskan bis 2010 sieben Jahre lang in Afghanistan, baute in dieser Zeit deren Lobbyabteilung wesentlich mit auf und leitete sie. Zuletzt arbeitete sie in Brüssel für die European Women’s Lobby, einen europäischen Dachverband von Frauenorganisationen. Am 1. März wird sie Wolfgang Grenz ablösen. Der jetzt 65-Jährige, ein alter Fahrensmann der Organisation, war eingesprungen, als Amnesty Monika Lüke rauswarf, die heute Integrationsbeauftragte in Berlin ist.

Dass Caliskan, vor 46 Jahren im nordrhein-westfälischen Düren geboren und Mutter einer Tochter, Kind türkischer Einwanderer ist, hat ihr Engagement offensichtlich früh befördert: Schon mit 16, heißt es in ihrer offiziellen Biografie, war sie in einem sozialen Brennpunkt aktiv, mit 20 gründete sie einen interkulturellen Treffpunkt für Mädchen in Bonn mit. Ihr Aufrücken an die Spitze der deutschen Sektion von Amnesty International ist ein weiterer Hinweis auf einen Generationswechsel in den deutschen Führungsetagen, der die Kinder der ersten Migranten viel selbstverständlicher einbezieht, als der öffentliche Diskurs um ihre angeblichen Defizite vermuten lässt: Sie leiten Theater, sitzen in Unternehmensvorständen, Landesregierungen, auf Professuren und jetzt auch an der Spitze der bekanntesten Menschenrechtsorganisation.

Vielsprachig ist Caliskan sowieso: Türkisch und Deutsch sind ihr gleichermaßen Muttersprachen und sie ist studierte Übersetzerin für Englisch und Spanisch. Für deutliche Worte hat sie folglich viele Möglichkeiten. Und sie scheint bereit, sie auszusprechen: „Also die These, dass Menschenrechte von Frauen durch militärische Interventionen geschützt würden“, befand sie 2007 in einer öffentlichen Debatte über den Afghanistan-Einsatz, „ist für mich pure Heuchelei.“Andrea Dernbach

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