zum Hauptinhalt
Josef Joffe ist Herausgeber der "Zeit".

© promo

Vier Fragen an Josef Joffe: "Skandale sind so alt wie die Bundeswehr"

"Zeit"- Herausgeber Josef Joffe über Chinas wirtschaftliche Vorteile gegenüber EU und USA, Tunesiens unterstützenswerte Revolution, die Zukunft der Gorch Fock und die komfortable Situation für Guido Westerwelle.

Wer war stärker beim USA-China-Gipfel in Washington: Obama oder Hu?

Wo ist es kälter, draußen oder in der Nacht? Das war das Treffen zwischen einem Aufsteiger, der noch lange nicht so weit ist, wie er glaubt, und dem Platzhalter, der noch lange nicht so weit unten sein wird, wie die Grabgesänge suggerieren. Die Wirtschaften der USA und der EU sind dreimal größer als das chinesische BIP. Nur im Handel herrscht ein Patt: China hält gewaltige Dollarreserven in der Hinterhand, Amerika seinen gewaltigen Markt, ohne den die Überschüsse der Chinesen nicht entstanden wären. In einer großen Machtfrage hat Peking schon nachgegeben. Die beiden Leih-Pandas im Washingtoner Zoo, die für schwere diplomatische Konflikte gesorgt haben, dürfen bleiben. Weltstars wie Barbra Streisand, die beim Staatsbankett mitaßen, hat China nicht. Die war, jedenfalls gagmäßig, der größte Gewinner. Gefragt, warum sie zum Dinner geladen war, flötete sie: „Weil ich mal in einem chinesischen Restaurant gearbeitet habe.“

Tunesien kommt nicht zur Ruhe. Was tun, wenn Islamisten in das Machtvakuum eindringen?

Sofort die Einfuhr tunesischer Datteln stoppen! So weit wird es aber nicht kommen, weil das Land ein Sonderfall ist. Anders als in Ägypten, Jordanien, Libanon oder Gaza sind die Islamisten nicht das Problem. (In Syrien auch nicht, aber weil sie nicht aufzumucken wagen.) Die tunesische ist die erste quasibürgerliche Revolution zwischen Mekka und Maghreb. Das Land hat das größte Pro-Kopf-Einkommen in dieser Region (außer den Petrostaaten), den höchsten Bildungs- und den stärksten Globalisierungsgrad. Der Gottesstaat steht nicht auf dem Programm, und deshalb dürfen wir getrost diese demokratische Revolution unterstützen.

Skandale bei der Bundeswehr: Wie gefestigt ist die Truppe?

Skandale sind so alt wie Bundeswehr (1955). Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Umtriebe, Vertuschungen und Unbotmäßigkeiten der Generalität sind regelmäßig aufgedeckt und bestraft worden; die Oberherrschaft der Zivilen war nie in Gefahr. Das Problem ist die Gorch Fock und die gefährliche Wanten-Kletterei. Lasst uns das Ding zum Kreuzfahrtschiff machen, das der Bundeswehr reichlich Chartergebühren bringen würde. Denn „WmdW“ glaubt, dass U-Boote und Korvetten keine Segel brauchen.

Ein Wort zum Außenminister ...

Deutsche Außenpolitik ist derzeit Währungs- und Kreditpolitik, und das ist gut für Guido W. Auf diesem Gebiet, wo es um ökonomische Alchemie wie CDS, FDI und BBB geht, muss das AA nichts tun. Außerdem ist auf diesem Feld, wo Berlin andauernd zur Kasse gebeten wird oder die Peitsche schwingen muss, kein Lorbeer zu ernten. Es bleibt also viel Zeit für die FDP-Pflege.

Der Autor ist Herausgeber der „Zeit“. Fragen: mal

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false