zum Hauptinhalt

Meinung: Verpackungsverordnung: Am Ende der Einwegstraße

Sind sie nicht willig, so braucht er Gewalt. Aber nur ganz sanfte, denn voraussichtlich fünfzig Pfennig Pfand werden die Trinker an Badeseen wohl davon abhalten, die Bierdose ins Gebüsch zu werfen.

Sind sie nicht willig, so braucht er Gewalt. Aber nur ganz sanfte, denn voraussichtlich fünfzig Pfennig Pfand werden die Trinker an Badeseen wohl davon abhalten, die Bierdose ins Gebüsch zu werfen. Oder sie werden gleich eine Mehrwegflasche kaufen, was Umweltminister Jürgen Trittin sowieso lieber wäre. Denn seine Aufgabe als Minister der Umwelt ist es nicht nur, die bestehenden Verordnungen umzusetzen, sondern zum Schutz der Umwelt mit Gesetzen und Verordnungen beizutragen. Und nach der Ökobilanz haben es alle Zweifler und Ignoranten schriftlich: Dosen aus Aluminium und Weißblech und Einwegflaschen aus Glas oder Kunststoff schaden der Umwelt in sämtlichen Produktionsschritten. Sie verbrauchen außerdem unverhältnismäßig viel Energie und Ressourcen. Die Industrie und der Handel werden bis zu 900 Millionen Mark investieren müssen, um die dann im kommenden Jahr novellierte Verpackungsverordnung umzusetzen und die Einwegbehälter zurücknehmen zu können.

Sie haben schon größere Summen ausgegeben, um den Kunden zu halten und ihre Waren abzusetzen. Die Großindustrie, allen voran ihr Vorsitzender Hans-Olaf Henkel, allerdings schreit laut, dass sie an dem Zwangspfand zerbrechen werde. Das ist nicht nur absurd, das ist auch ein wenig anmaßend. Denn die Mehrheit der 1 600 Brauereien in Deutschland wünscht sich das Pfand, um gegen eben jene Nahrungskonzerne bestehen zu können. Ebenso die mittelständischen Saft- und Mineralwasserhersteller, die sich mühsam gegen die Großindustrie zu wehren versuchen. Henkel und Co. schlagen dagegen eine Selbstverpflichtung über den Mehrweganteil vor, an die sie sich dann binden wollen. Genau das jedoch war die alte Quote in der jetzigen Verpackungsverordnung - und die Industrie seit fast zwei Jahren nicht mehr erfüllt. Trittin mag es eine Genugtuung sein, dass er nach dem Atomausstieg zum zweiten Mal die Großindustrie, diesen Gegner aus alten politischen Tagen, an die Kandare nehmen kann. Aber immerhin sind seine Argumente so gut, dass er die Umweltminister der Länder auf seiner Seite hat. Ebenso wie diejenigen, die sich über ewig ruhende Dosen in Naturparks und zerborstene Glasflaschen auf dem Radweg ärgern. Kurzum alle diejenigen, die genug haben von den falschen Versprechungen für den Umweltschutz.

Ulrike Fokken

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false