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Meinung: „Wir sind kein …

… Pleitefall“. Das hat Ignaz Walter vor einigen Wochen zur Situation seines Baukonzerns gesagt.

… Pleitefall“.

Das hat Ignaz Walter vor einigen Wochen zur Situation seines Baukonzerns gesagt. Jetzt droht die Insolvenz. Und es ist nicht der 68-jährige Walter, der darüber entscheidet, ob es eine Zukunft für seine Firma gibt, sondern es sind die Banken. Zuzuschauen, wie andere über sein Lebenswerk verhandeln, muss für einen unerträglich sein, den seine Mitarbeiter „den Patriarchen“ und seine Kinder „autoritär“ nennen.

Früher, da hat Ignaz Walter schon einmal zuschauen müssen, wie die anderen aufs Gymnasium gehen – und er in die Volksschule, weil die Eltern kein Geld haben. Wie die anderen studieren, und er, der davon träumt Bauingenieur zu werden, eine Lehre als Maurer macht. Er hat sich eine Ledertasche gekauft, wie die Studenten sie getragen haben, aber in seiner Tasche waren keine Bücher, nur ein Brot und eine Dose Nivea. Damit hat er sich die vom Mörtel rauhen Hände eingerieben. Das sind die Geschichten seiner Jugend, die Ignaz Walter erzählt. „Nichts geerbt, nichts angeheiratet“, das ist seine Antwort auf die Frage, wie er es geschafft hat, zum größten privaten Bauunternehmer in Deutschland zu werden. Alles selbst gemacht, ein Selfmademan eben.

Abendschule, Studium, erste eigene Firma, die er in den 70ern, kurz vor der großen Baukrise, verkauft, Buchautor („Mathematik leicht gemacht für alle“), Wiedereinstieg in die Baubranche. Er gründet, fusioniert, wird Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, das BMW-Hochhaus in München oder der Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche stehen auf der Auftragsliste – alles voll auf Wachstum. Aber der Markt schrumpft, seit Jahren schon steckt die Baubranche in der Krise. Jetzt wird es auch für Walter Bau eng.

Dass Walter selbst dazu beigetragen haben könnte, weil seine Strategie, auf den deutschen Markt zu setzen, falsch war, das hört er nicht gerne. Selbstkritik ist seine Sache nicht, obwohl er offene Worte nicht scheut. Aktionäre beschimpft er schon mal als „Dünnbrettbohrer“ und Kollegen als „Pseudomanager“. Was aber den eigenen Ruf angeht, der ist Walter heilig. Als an seinem Titel als Honorarprofessor gezweifelt wurde, schaltete er Anzeigen: „Mitleid bekommt man geschenkt. Neid muss man sich hart erarbeiten.“ Beneiden allerdings, dürfte ihn im Moment niemand.

Dagmar Rosenfeld

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