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Politik: BND darf US-Informationen nicht weitergeben

Kanzleramt: Aussagen von Terrorpilot bleiben geheim

Von Frank Jansen

Berlin. Das Bundeskanzleramt hat sich in den Prozess gegen den mutmaßlichen Al-Qaida-Unterstützer Mounir al Motassadeq eingeschaltet. Nach Informationen des Tagesspiegels und des „Wall Street Journal“ schrieb das Amt dem Hamburger Oberlandesgericht einen Brief, in dem Angaben des Bundesnachrichtendienstes zu den Aussagen des von den Amerikanern festgehaltenen Terroristen Ramzi Binalshibh abgelehnt werden. „Das Bekanntwerden des Inhalts von Unterlagen, die dem Bundesnachrichtendienst über Befragungen des Ramzi Binalshibh durch Stellen der Vereinigten Staaten von Amerika vorliegen, würde dem Wohl des Bundes Nachteile bereiten“, heißt es in dem vierseitigen Schreiben vom 16. Januar. Damit scheint die letzte Chance vertan zu sein, Binalshibhs Wissen über die mögliche Rolle Motassadeqs bei der Vorbereitung des 11. September in den Prozess einzuführen.

Generalbundesanwalt Kay Nehm wirft Motassadeq vor, er habe mit Finanztransfers die Hamburger Gruppe um den Selbstmordpiloten Mohammed Atta unterstützt und somit Beihilfe zum Mord an 3045 Menschen geleistet. Ramzi Binalshibh gilt als enger Freund Motassadeqs und war von Hamburg aus maßgeblich an der Planung des Terrorangriffs auf die USA beteiligt. Pakistanische Sicherheitskräfte nahmen Binalshibh im September 2002 in der Hafenstadt Karachi fest, seitdem wird er vermutlich auf einem US-Kriegsschiff verhört. Der BND erhält zusammenfassende Berichte – „allerdings unter der strikten Beschränkung, dass sie allein durch Nachrichtendienste oder Sicherheitsbehörden ausgewertet werden dürfen“, wie das Kanzleramt schrieb. „Würden die Unterlagen in das vorliegende Strafverfahren eingebracht, erhielte der Angeklagte die Möglichkeit, Kenntnis vom Inhalt der Unterlagen zu erlangen und diese Kenntnis weiterzugeben.“ Dies sei „erklärtermaßen nicht im Sinne der US-amerikanischen Seite“.

Sollte sich der BND darüber hinwegsetzen, würde er laut Kanzleramt auf unabsehbare Zeit vom Informationsaustausch mit den Amerikanern ausgeschlossen. Dieses Risiko will die Bundesregierung vermeiden. Damit ist vom Auftritt einer BND-Beamtin im Prozess am kommenden Freitag wenig zu erwarten. Motassadeqs Verteidiger, die von Binalshibhs Aussagen eine Entlastung ihres Mandanten erwarten, überlegen nun, vor dem Verwaltungsgericht die Kooperation des BND einzuklagen.

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