zum Hauptinhalt

NS-Verbrechen: Demjanjuk kann nun doch ausgeliefert werden

Das juristische Tauziehen um eine Überführung des mutmaßlichen KZ-Wachmanns John Demjanjuk ist eine Runde weiter: Einer Abschiebung nach Deutschland wurde nun von einem US-Berufungsgericht wieder grünes Licht gegeben. Der Anwalt des Beschuldigten verklagt unterdessen die Bundesregierung.

Zuletzt wurde die Abschiebung am 14. April in letzter Minute gestoppt. Die Anwälte argumentierten, Demjanjuks Gesundheitszustand lasse den Transport vom amerikanischen Bundesstaat Ohio in die Bundesrepublik nicht zu. Nachdem nun einer Überführung nichts mehr im Wege zu stehen scheint, hat Demjanjuks Anwalt Ulrich Busch beim Verwaltungsgericht Berlin Klage gegen die Bundesregierung erhoben. Das berichtet Der Spiegel.

Zum einen habe die Bundesregierung mit ihrer Zustimmung der Abschiebung eine Gesetzesumgehung begangen: Stattdessen hätte Deutschland eine Auslieferung beantragen müssen. Zum Anderen sei die Bundesrepublik nicht auf einen Freispruch Demjanjuks vorbereitet, und habe auch keine Vorkehrungen getroffen für den Fall, dass der Beschuldigte tatsächlich prozessunfähig sei. Parallel zur Klage hat Busch einen Antrag für eine Einstweilige Verfügung gestellt, mit der die Aufnahmeerklärung der Bundesregierung außer Kraft gesetzt werden soll.

Die Münchener Staatsanwaltschaft wirft dem gebürtigen Ukrainer Beihilfe zum Mord an 29.000 Juden im Konzentrationslager Sobibor im von Deutschland besetzten Polen vor. Als wichtigstes Beweismittel der Ankläger gilt ein Dienstausweis der SS. Das Dokument beweist, dass Demjanjuk von März bis September 1943 in Sobibor zur Wachmannschaft gehörte. Experten aus den USA und aus Bayern bestätigten die Echtheit des Ausweises.

Mögliche Opfer sind nicht mehr am Leben oder konnten von den Ermittlern nicht gefunden werden. Da ihm deshalb wohl keine Straftat direkt nachgewiesen werden kann, lautet die Anklage auf Beihilfe zum tausendfachen Mord. Der Beschuldigte selbst bestreitet allerdings, an dem ihn zu Last gelegten Kriegsverbrechen beteiligt gewesen zu sein. Es liege eine Verwechslung vor.

Demjanjuk stand bereits in Israel vor Gericht und wurde in erster Instanz zum Tode verurteilt, dann jedoch wieder freigesprochen. Da die USA ihm bereits die Staatsangehörigkeit entzogen haben, könnte der gebürtige Ukrainer zügig abgeschoben werden. Die bayerische Justiz ist zuständig, weil Demjanjuk sich nach dem Zweiten Weltkrieg einige Zeit in einem Lager bei Feldafing interniert war.

Demjanjuks Anwälte bezweifeln, dass es zu einem Verfahren gegen den Mandanten kommen werde. Demjanjuk sei nicht verhandlungsfähig. Der ehemalige KZ-Aufseher könnte sterben, bevor seine Schuld bewiesen ist. Er soll unter Leukämie leiden und vor kurzem eine Nierenkolik erlitten haben. (mm, dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false