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Umweltschutzgesetz: Ein Projekt – viele Genehmigungen

Trotz aller Rettungsversuche: Das Umweltgesetzbuch ist gescheitert. Die CSU stellte sich quer. Bayern störte sich vor allem daran, dass die neuen Regeln auch für Bauern gelten sollten.

Berlin - Auch der letzte Rettungsversuch für das Umweltgesetzbuch (UGB) vor einer Woche in München ist gescheitert. Am Sonntag hat Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) das Projekt beerdigt. Dabei war er bei seinem „auf ausdrücklichen Wunsch der Kanzlerin“ angesetzten Gespräch mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer und dessen Umweltminister Markus Söder (CSU) an die Grenze der Selbstverleugnung gegangen, um das Vorhaben doch noch zu retten.

Mit dem Umweltgesetzbuch sollte das stark zersplitterte deutsche Umweltrecht nach dem Vorbild des Bürgerlichen Gesetzbuches zusammengefasst und an einer entscheidenden Stelle vereinfacht werden. Kernstück war die „integrierte Vorhabengenehmigung“ (IVG), auf die sich Union und SPD im Koalitionsvertrag 2005 verständigt hatten. Anstatt für eine Fabrikerweiterung oder Straße parallel ein immissionsschutzrechtliches Verfahren (Luftreinhaltung), ein wasserrechtliches, womöglich zusätzlich ein naturschutzrechtliches und ein abfallrechtliches Genehmigungsverfahren zu haben, sollten diese zusammengefasst werden. „Ein Projekt, eine Behörde, ein Verfahren, eine Genehmigung“, so beschreibt Gabriel den Vorteil der IVG.

Den sahen auch 15 von 16 Länderumweltministern. In einem Schreiben der CDU-Umweltminister an Wirtschaftsminister Michael Glos und Agrarministerin Ilse Aigner (beide CSU) schreiben sie am 1. Dezember 2008: „Der vorliegende UGB-Entwurf führt zur Vereinfachung.“ Das sieht auch der Normenkontrollrat so, der die Bunderegierung bei der Entbürokratisierung berät. In der Stellungnahme des Rates heißt es, das UGB „führt zu einer Netto-Entlastung der Wirtschaft um rund 27,2 Millionen Euro jährlich“. Es sei ein „wichtiger Beitrag zum Bürokratieabbau“. In Baden-Württemberg und in Nordrhein-Westfalen haben die Umweltministerien die neuen Verfahren sogar praktisch getestet. Die Fallbeispiele hatten große Unternehmen aus der Automobil- und der chemischen Industrie selbst vorgeschlagen. Am Tisch saßen Vertreter der betroffenen Betriebe und Behörden, die die Genehmigungen erteilt hatten. Die IVG, schreiben die Umweltminister, sei „tatsächlich geeignet, die erwünschten Vereinfachungszie le zu erreichen und die Unternehmen von Bürokratiekosten zu entlasten“.

Beim Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) dagegen fand das Vorhaben keine Anhänger. Gregor Strauch vom BDI sprach von „Detailproblemen“ wie der Neubelegung juristischer Begriffe. Gabriel erklärt sich den Widerstand der Konzerne damit, dass ihre Stabsabteilungen mit der heutigen Rechtslage kaum Probleme hätten, der Mittelstand dagegen schon. Er vermutet, das Umweltrecht würde sein „Diffamierungspotenzial“ verlieren und damit ein billiges Argument der Industrie außer Kraft setzen.

Letztlich gescheitert ist das UGB daran, dass sich Bayern nicht auf die IVG einlassen wollte. Umweltminister Markus Söder (CSU) verlangte, dass es den Ländern freigestellt werden solle, ob sie nach der neuen oder nach den alten Regeln verfahren. Gabriel hatte Söder eine Abweichungsklausel angeboten, die den Ländern eine „Herausnahme der besonders strittigen wasserrechtlichen Zulassung aus dem neuen Recht gestattet hätte“. Das sei Söder aber nicht genug gewesen. Söder kritisierte, dass nach dem neuen Recht „alleine in Bayern rund 77 000 Kilometer Gewässerrandstreifen“ hätten neu ausgewiesen werden müssen. Zudem wären rund 30 000 landwirtschaftliche Vorhaben wie etwa neue Ställe, Biogasanlagen, Fischzuchten oder Entwässerungen genehmigungspflichtig geworden. Dagegen hat der Bauernverband mobilisiert. Bei den Gewässerrandstreifen geht es darum, dass Bauern entlang von Gewässern Auflagen erfüllen müssen, beispielsweise keine Pestizide einzusetzen. Allerdings gilt das auch ohne UGB. Nur wären die Regeln dann überall einheitlich.

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