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Politik: Krisenmanager als Hoffnungsträger

Spaniens Premier Aznar setzt auf Mariano Rajoy als seinen Nachfolger

Spaniens Regierungschef Jose Maria Aznar hat am Wochenende überraschend das bestgehütete Geheimnis seiner Amtszeit enthüllt: Wenn er bei den Parlamentswahlen 2004 auf eigenen Wunsch nicht mehr kandidiert, soll als sein Nachfolger Regierungssprecher Mariano Rajoy ins Rennen gehen. Zwar wird Aznar den 48-jährigen Galicier erst am Montag offiziell der Parteiführung vorschlagen und ihn morgen von den 536 Mitgliedern der Nationalversammlung bestätigen lassen. Zweifel an seiner Ernennung zum Kandidaten als Ministerpräsident hat in Spanien niemand. Von Partei-Generalsekretär Javier Arenas bis zu Oppositionsführer Jose Luis Rodriguez Zapatero hat Rajoy bereits Glückwünsche aus allen Lagern erhalten.

Tatsächlich ist Rajoys Wahl auch nur logisch. Seit der gelernte Jurist und Grundbuchbeamte 1981 in die Politik einstieg, hat er sich vom Landtagsabgeordneten in die erste Reihe hochgearbeitet. Gleich nach seiner eigenen Ernennung machte ihn Aznar 1990 zum Vizeparteichef. Als die Konservativen 1996 die Macht übernahmen, war er zunächst Verwaltungsminister, dann Bildungs-, Kultur- und Innenminister und zuletzt nicht nur Kanzleramtsminister und erster Vizeregierungschef, sondern auch Regierungssprecher und Aznars persönlicher Feuerwehrmann, der immer wenn etwas anzubrennen drohte, erfolgreich das Gesicht hinhielt.

Von der Prestige-Ölpest bis zum Irak-Krieg hat Rajoy es geschafft, alle Krisen auszusitzen. Und nicht nur das. Durch seine ruhige, sachliche Art ist es ihm gelungen, die Öffentlichkeit zu beruhigen und ihr immer wieder die Argumente Aznars einzutrichtern, die Opposition treibe mit den Problemen der vergangenen Monate nur Wahlkampfspektakel. Ihre Proteste seien verantwortungslose Propaganda, die dem Land enormen Schaden zufüge, weil sie Hilfen gegen die Ölpest, die guten Beziehungen zur islamischen Welt und Milliardengeschäfte mit den USA bedrohe. Entscheidend für Rajoys Erfolg im Kandidatenrennen um Aznars Nachfolge war auch, dass er den Wahlkampf 1996 organisierte, der der Volkspartei (PP) ihren ersten Wahlsieg seit der Franco-Diktatur (1939-75) einbrachte und dass sein Programm für den Wahlkampf 2000 zur derzeitigen absoluten Mehrheit der PP führte.

Rajoys Chancen, die nächsten Wahlen zu gewinnen, stehen offenbar nicht schlecht. Im jüngsten Stimmungsbarometer des Nationalen Sozialforschungsinstituts CIS ist er der bestangesehene Politiker gleich nach Oppositionsführer Zapatero. Zudem hat die PP ihre acht Prozent Rückstand als Folge des Irak-Kriegs wieder mehr als gutgemacht und liegt nun wieder sechs Prozent vor den Sozialisten. Nur eines, das fehlt ihm noch. Da er stets im Schatten Aznars stand, hat er noch kein eigenes Führungsteam. Damit er das aufbauen kann, soll er voraussichtlich von allen seinen Ämtern zurücktreten und als neuer PP-Generalsekretär ein neues Programm erarbeiten.

Andreas Klinger[Madrid]

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