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Die Angeklagte Lina E. und ihre Anwälte Erkan Zunbul (li.) und Ulrich von Klinggraeff (re.)

© AFP/Jens Schlueter

Update

Linke Szene ruft zu Protesten auf: Lina E. in Linksextremismus-Prozess zu Freiheitsstrafe verurteilt

Lina E. und drei weitere mutmaßliche Linksextremisten sollen über Jahre hinweg Neonazis zusammengeschlagen haben. Nun hat ein Gericht in Dresden mehrjährige Haftstrafen verhängt.

| Update:

Im Prozess gegen die mutmaßliche Linksextremistin Lina E. und drei weitere Angeklagte hat das sächsische Oberlandesgericht in Dresden mehrjährige Haftstrafen verhängt.

Das Gericht verurteilte die 28-Jährige am Mittwoch unter anderem wegen der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten. Die mitangeklagten Männer erhielten Haftstrafen zwischen zwei Jahren und fünf Monaten sowie drei Jahren und drei Monaten

Die Bundesanwaltschaft wirft den Angeklagten vor, zwischen 2018 und 2020 Leute aus der rechten Szene in Leipzig, Wurzen und Eisenach brutal zusammengeschlagen zu haben. Die Studentin Lina E. gilt als Kopf der Gruppe, die als kriminelle Vereinigung gehandelt haben soll.

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Nach Überzeugung des Gerichts wurden die Überfälle auf Neonazis „langfristig vorgeplant“. Die „brutalste Tat“ traf demnach einen Kanalarbeiter, der im linksalternativen Stadtteil Leipzig-Connewitz, wo auch die aus Kassel stammende E. lebte, schwer verletzt wurde – weil er eine Mütze eines bei Rechten beliebten Labels trug.

E. und ihre Mitangeklagten attackierten dem Urteil zufolge in unterschiedlicher Beteiligung mehrere tatsächliche oder vermeintliche Neonazis. Unter anderem überfiel die Gruppe im Oktober 2018 einen Rechtsextremen in Wurzen. Sie traten und schlugen den Mann mit Fäusten und Teleskopschlagstöcken.

Die Anklagevertretung beantragte zuvor für die 28 Jahre alte Lina E. acht Jahre Haft, für die drei Männer im Alter von 28 bis 37 Jahren Haftstrafen zwischen zwei Jahren und neun Monaten sowie drei Jahren neun Monaten. Die Verteidigung kritisierte das Verfahren als „politischen Prozess“ und verlangte Freisprüche.

Lina E. befindet sich wegen der Anschuldigungen schon seit zweieinhalb Jahren in Untersuchungshaft. Die anderen konnten das Gericht zu den Verhandlungen als freie Männer betreten.

Die Verteidigung warf der Bundesanwaltschaft wiederholt vor, die Angeklagten mit den ganzen Umständen des Verfahrens in die Nähe von Terroristen zu rücken und voreingenommen zu sein.

Polizeiautos stehen vor Beginn der Urteilsverkündung gegen Lina E. und drei Männer vor dem Oberlandesgericht (OLG) Dresden.

© dpa/Robert Michael

Das Ende des Prozesses fand unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen statt. Das OLG begann schon um 7.30 Uhr mit dem Einlass. Zuschauer und Medienvertreter müssen durch Sicherheitsschleusen.

Am Schluss des fast hundert Verhandlungstage dauernden Prozesses kochte die Stimmung im Gerichtssaal hoch. Die Unmutsbekundungen und Zwischenrufe während der mehrstündigen Urteilsbegründung wurden immer lauter, sodass schließlich Justizbeamte eingriffen. Störer wurden aus dem Saal geführt, es kam zu tumultartigen Szenen.

Linke Szene macht mobil: Aufruf zu Protesten

Lina E. gilt in der Szene inzwischen als Symbolfigur für eine vermeintliche staatliche Repression. In der linken Szene wurde zu Demonstrationen für die Verurteilte und ihre Mitstreiter aufgerufen – für den Tag der Urteilsverkündung und für den kommenden Samstag.

Am Mittwoch sind Kundgebungen in Dresden und Leipzig geplant. Bis zu 150 Teilnehmende wollen ab 21 Uhr durch den Leipziger Osten ziehen, bestätigte die Versammlungsbehörde am Mittwoch. Der Aufzug sei unter dem Titel „Freiheit für alle Antifaschistinnen“ angemeldet.

Die Polizei bereitet sich nach eigenen Angaben vor allem auf den kommenden Samstag vor, den sogenannten „Tag X“. Für diesen Tag habe die linke Szene bereits seit zwei Jahren zu Demonstrationen und auch Gewalttaten aufgerufen. Die Leipziger Polizei rechnet demnach mit der Anreise gewaltbereiter Personen und bereitet sich auf einen Großeinsatz vor.

Die Stadt Leipzig hatte bereits am Dienstag eine Einschränkung des Versammlungsrechts am Samstag und Sonntag bekannt gegeben. Laut der Veröffentlichung im Amtsblatt der Stadt sind Veranstaltungen untersagt, die sich inhaltlich auf den Prozess gegen Lina E. und weitere Angeklagte beziehen und nicht bis Mittwoch, 24 Uhr, bei der Versammlungsbehörde angemeldet wurden.

Für Samstag wurde bundesweit zu Protesten aufgerufen. Sicherheitsbehörden befürchten Ausschreitungen und wollen mit einem Großaufgebot der Polizei gerüstet sein. (dpa, AFP, epd)

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